Löwenfarmen: Tierquälerei für den Tourismus

Ein Leben voller Ausbeutung

Löwenfarmen: Tierquälerei für den Tourismus

Südafrika gilt bei vielen Reisenden als Top-Destination. Einmal den König der Tiere sehen, wie er durch die unendlichen Weiten der Savanne streift – ein Safari-Traum. Doch die Realität ist eine andere: Die meisten der südafrikanischen Löwen leben nicht in Freiheit, sondern auf Löwenfarmen, wo sie für verschiedene touristische Zwecke, wie Löwenkuscheln, Spaziergänge mit Löwen (engl. Walking with lions), die Trophäenjagd oder den Knochenhandel gezüchtet und ausgebeutet werden. Inzwischen gibt es Bestrebungen, diese grausame Industrie zu beenden: Südafrikas Umweltministerin kündigte im Mai 2021 an, die kommerzielle Löwenzucht zu verbieten – entsprechende Gesetze stehen allerdings noch aus.

Löwenfarmen: Ausbeutung über den Tod hinaus

Seit Ende der 1990er Jahre hat sich in Südafrika ein neuer Industriezweig entwickelt: Löwenfarmen. Auf diesen Farmen werden Löwen und andere Raubkatzen wie Leoparden, Geparden, aber auch nicht einheimische asiatische Tiger intensiv gezüchtet, unter widrigen Bedingungen gehalten und ausgebeutet. Mittlerweile gibt es allein in Südafrika ca. 350 dieser Zuchtfarmen, die schätzungsweise mindestens 12.000 Löwen halten.

Im Vergleich dazu nimmt die Zahl der freilebenden Löwen stetig ab. In ganz Afrika leben Schätzungen zufolge weniger als 20.000 Löwen in freier Natur. In Südafrika sind es nur noch rund 3.500, deutlich weniger als in Gefangenschaft. Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass sich dieses Verhältnis noch weiter verschieben wird: Innerhalb von nur sieben Jahren stieg die Zahl der Löwen auf Zuchtfarmen um 50 %. Da allerdings die einzelnen Tiere bei den südafrikanischen Behörden nicht registriert werden müssen, ist die genaue Zahl der auf Zuchtfarmen gehaltenen Großkatzen unbekannt.

Liger
Liger © Camphora

Zusätzlich zu den tierquälerischen Haltungsbedingungen kommt es in den Farmen außerdem häufig zur Inzucht. Teilweise kreuzen die Betreiber*innen sogar verschiedene Großkatzenarten und erschaffen so Hybride, wie Liger (Kreuzung aus Löwe und Tigerin) und Töwe (Kreuzung aus Löwin und Tiger). Dies kann zu Missbildungen und Krankheiten führen. Nach der Geburt steht den Tieren ein durch Ausbeutung geprägtes Leben bevor: Von Tourist*innen gestreichelt, Trophäenjäger*innen getötet und für den Knochenhandel ausgeschlachtet, werden die Tiere selbst über den Tod hinaus finanziell ausgebeutet.

Erst streicheln…

Die Jungtiere dienen zunächst als Urlaubsattraktion: Man kann sie streicheln, fotografieren und mit ihnen spazieren gehen. Ahnungslose Tourist*innen bezahlen Farmen und Freiwilligenagenturen viel Geld dafür, um als Volunteer Raubkatzenbays auf Löwenfarmen mit der Flasche aufzuziehen. Dass sie damit eine grausame Industrie unterstützen, ist den Ehrenamtlichen nicht bewusst. Häufig behaupten die Farmbesitzer*innen, dass die Jungtiere verstoßen wurden und ohne die Fürsorge der Freiwilligen nicht überleben würden. In Wirklichkeit werden sie jedoch ihren Müttern kurz nach der Geburt weggenommen, damit diese möglichst schnell wieder Junge bekommen können.

Gezüchtet für ein Leben in Löwenfarmen: Löwenbaby
Löwenbaby

…dann schießen

Sobald die Löwen vier bis sechs Jahre alt sind, werden sie zum Abschuss freigegeben. Denn als „Kuscheltiere“ für den Tourismus eignen sie sich jetzt nicht mehr. Die Zuchtfarmen verkaufen die Tiere daher an Jagdfarmen weiter. Dort bezahlen Trophäenjäger*innen mehrere tausend Euro, um einen Löwen in der sogenannten Gatterjagd (engl. Canned Hunting) zu jagen und als Trophäe mit nach Hause zu nehmen. Dabei werden die Löwen in umzäunte Gehege gebracht – ohne eine Chance zu entkommen. Die Tiere, die zuvor Jahre lang in der Tourismusindustrie missbraucht wurden, haben die Scheu vor dem Menschen längst verloren und fliehen daher häufig nicht einmal mehr vor den Jäger*innen.

Löwe in Gattern
Löwe in Gattern

Die Nachfrage nach der Gatterjagd boomt, denn hier können Trophäenjäger*innen verhältnismäßig schnell, mit geringem Aufwand und deutlich günstiger als in der freien Natur an eine Löwentrophäe gelangen. Zwischenzeitlich stammen die allermeisten der in Südafrika von Großwildjäger*innen geschossenen Tiere aus Zuchtfarmen. Eine grausame und moralisch höchst verwerfliche Industrie, die beendet werden muss! Auch Deutschland erlaubt regelmäßig die Einfuhr von Jagdtrophäen von gezüchteten und in Gattern erlegten Tieren.

Löwen in freier Natur

Dass in Südafrika heutzutage mehr Löwen in Gefangenschaft als in der Natur leben, verdeutlicht noch einmal, wie schlecht es um den König der Savanne steht. Trophäenjagd ist dabei eine der elementaren Bedrohungen für wildlebende Löwen. Die Annahme, Löwenfarmen und der Abschuss gezüchteter Tiere verringerten den Jagddruck auf die letzten Löwen in der Natur, trügt. Es wird damit nur die zusätzliche Nachfrage von weniger betuchten und häufig auch weniger erfahrenen Jäger*innen bedient. Auch im Bereich des Knochenhandels befeuern Löwenfarmen die Nachfrage.

Mehr zur Bedrohung wildlebender Löwen hier: „Vom Jäger zum Gejagten“

… und schließlich ausschlachten

Doch mit dem Tod ist die industrialisierte Ausbeutung des Tieres noch immer nicht beendet: Während die Trophäenjäger*innen in der Regel Schädel und Fell des Tieres als Statussymbol mit nach Hause nehmen, wird der Körper weiter ausgeschlachtet und vermarktet: Löwenknochen finden seit 2008 zunehmend Absatz in der Traditionellen Asiatischen Medizin und dienen als Ersatzprodukt für die im Handel verbotenen Tigerknochen zur Herstellung von Tigerwein (tiger bone wine).

Allein zwischen 2008 und 2015 wurden mehr als 6.000 Löwenskelette von Afrika nach Asien exportiert, Tendenz stark steigend. 99 Prozent dieser Knochen stammen aus südafrikanischen Zuchtfarmen und wurden mit staatlicher Genehmigung legal ausgeführt.

2017 verschaffte die Regierung Südafrikas dem skandalösen Treiben sogar zusätzliche Legitimierung, indem sie eine Exportquote für die Skelette von 800 gezüchteten Tieren pro Jahr festsetzte. Damit befeuern die Zuchtfarmen die Nachfrage nach vermeintlichen Wunderheilmitteln in Asien und tragen zur Bedrohung der Großkatzen bei. Denn dieser legale Handel gefährdet auch die Wildbestände, da zunehmend wilde Löwen – ebenso wie Tiger, Leoparden und Jaguare – gewildert werden, um ihre Knochen in den Handel einzuschleusen. 2020 hat Südafrika endlich reagiert und ein Exportverbot für Löwenknochen erlassen, um den Handel und die Wilderei einzudämmen. Beschlagnahmungen zeigen allerdings, dass die angefachte Nachfrage schwer einzudämmen ist. 2021 wurden allein in Vietnam über 3,1 Tonnen Löwenknochen beschlagnahmt.  

Handel mit lebenden Löwen

Südafrikanische Zuchtfarmen züchten Löwen nicht nur für den eigenen Tourismus. Die Tiere werden auch an Zoos, Zirkusse oder andere kommerzielle Einrichtungen in der ganzen Welt verkauft. Zwischen 2011 und 2020 gelangten so mindestens 638 Löwen ins Ausland. Knapp 400 dieser Löwen landeten in China, Thailand und Vietnam. Die Länder sind bekannte Umschlagplätze für den legalen und illegalen Handel mit Großkatzenknochen und betreiben selbst Zuchtfarmen für diese Tiere. So liegt nahe, dass ein nicht unerheblicher Teil der exportierten Löwen zur Aufstockung dieser Zuchtfarmen und damit zur Knochenproduktion für die Traditionelle Asiatische Medizin dient.

Kommt das Aus für Südafrikas Löwenfarmen?

Im Mai 2021 kündigte die südafrikanische Umweltministerin Barbara Creecy an, dass sie die Zucht und Ausbeutung von Löwen für Jagd und Handel endlich beenden will. Ein Parlamentsausschuss hatte bereits 2018 entsprechende Forderungen aufgestellt. Allerdings müssen der Ankündigung der Ministerin erst noch Taten folgen und Gesetze entwickelt und verabschiedet werden. Was mit den in Zuchtfarmen lebenden Tieren (und ihren begehrten Knochen und Fellen) werden soll, ist bisher unklar.

So begrüßenswert die Pläne der Ministerin auch sind, bleibt abzuwarten, wann es endlich Erlösung für Südafrikas Zuchtlöwen geben wird und wie konsequent die angekündigten Bestimmungen ausfallen. Bereits 2007 hatte der damalige Umweltminister von Südafrika einen Versuch unternommen, die weltweit kritisierte Gatterjagd zu beenden. Doch die Züchter*innen klagten und konnten das geplante Gesetz aufgrund technischer Fehler gerichtlich verhindern. Auch in puncto Nashornhandel setzten sich private Züchter*innen gegen die Regierung durch und brachten ein nationales Handelsverbot zu Fall. Höchste Zeit also, dass sich Südafrika von Zuchtindustrie und Jagdlobby emanzipiert!

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Das tut Pro Wildlife

Pro Wildlife dokumentiert die Missstände in der Zucht, Jagd und Vermarktung von Löwen. Wir setzen uns für eine Schließung der Zuchtfarmen und ein Ende von Handel und Jagd ein. Denn die Bestände wilder Löwen sind in 21 Jahren um 43 Prozent zurückgegangen. Bei internationalen Artenschutzkonferenzen hat sich Pro Wildlife mit Erfolg dafür eingesetzt, den Handel mit Löwen zu beschränken und sie durch das Übereinkommen zur Erhaltung wandernder wildlebender Tierarten (CMS) zu schützen. Zusätzlich informiert Pro Wildlife Reisende und Reiseveranstalter über die Tier- und Artenschutzprobleme im Wildtiertourismus und gibt Tipps, worauf sie im Urlaub achten sollten. 

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