Meeresfrüchte – weder nachhaltig noch gesund

Die wichtigsten Argumente gegen Frutti di Mare

Meeresfrüchte – weder nachhaltig noch gesund

Hinter dem Sammelbegriff „Meeresfrüchte“ verbergen sich alle Meerestiere, die für den Verzehr bestimmt, aber keine Wirbeltiere sind: Muscheln, Krustentiere (wie Krabben, Garnelen, Langusten), aber auch Kalmare oder Oktopusse. Oktopusse haben in den letzten Jahren aufgrund ihrer faszinierenden Biologie eine wachsende Fangemeinde und jüngst hat sich zu Recht ein breiter Widerstand gegen eine geplante Oktopusfarm in Spanien formiert. Im Gegensatz dazu sind bei den Meisten Mitleid oder ökologisches Problembewusstsein beim Verzehr anderer „Meeresfrüchte“ sehr begrenzt.

Verbrauch in Deutschland und weltweit

In Deutschland haben Meeresfrüchte einen Marktanteil von derzeit 16% am Fischereimarkt, am Weltmarkt machen Krustentiere 23% (17% allein Krabben und Shrimps), Muscheln und andere Wirbellose 11% aus (allein 7% Kopffüßler wie Tintenfische).

Laut Welternährungsorganisation FAO werden 68% aller Krustentiere und 75% aller Muscheln inzwischen in Aquakultur produziert (Tendenz steigend) – damit sind 32% aller Krustentiere und 25% aller Muscheln noch immer Wildfänge.

 Wildentnahmen Aquakultur Gesamt 
Meeresfisch 67.466.000 t 61.566.807 t 129.032.807 t  
Krustentiere 5.679.000 t 12.751.410 t 18.430.410 t  
Weichtiere (Tintenfische etc.) 6.150.000 t 18.911.320 t 25.061.320 t  
Andere Meerestiere 414.000 t 1.183.187 t 1.597.187 t  
Gesamt 79.70.9.000 t 94.412.724 t 174.121.724 t 
Jahresproduktion von Meerestieren aus Fischerei & Aquakultur (FAO 2024)

Nordsee-Krabben: Schleppnetzfischerei im Schutzgebiet

Weltweit werden jährlich 18,4 Millionen Tonnen Krustentiere produziert. Der Fang aus dem Meer macht dabei knapp 5,7 Mio. Tonnen aus (Krabben: 1,34 Mio. t; Garnelen: 695.000 t; Shrimps: 632.000 t; Krill: 404.000 t; andere: 2,6 Mio. t). In der deutschen Gastronomie besonders beliebt sind Nordsee-Krabben – trotz der ökologischen Probleme.

Nordseekrabben-Brötchen © Santje09
Nordseekrabben-Brötchen © Santje09

Vermeldeten die deutschen Fischer Anfang der 2010er Jahre noch Anlandungen von 12.000 bis 13.000 Tonnen jährlich, ist der Fang inzwischen auf ca. 8.000 Tonnen zurückgegangen. Und das liegt nicht nur daran, dass Krabben wärmeempfindlich sind und an der Meereserwärmung leiden; die Überfischung kommt noch verschärfend hinzu: Denn für Krabben gibt es – im Gegensatz zu Fischen – keine feste Fangquote, sondern die Fischer der Anrainerstaaten Deutschland, Niederlande und Dänemark sprechen sich untereinander ab. Doch nach Aussagen von Fischern wird inzwischen auch in Gegenden gefangen, die bislang verschont blieben.

Obwohl die Krabbenbestände so fragil sind, ist die Krabbenfischerei im Wattenmeer seit 2017 sogar vom Nachhaltigkeitssiegel MSC zertifiziert. Ein gutes Beispiel dafür, wie wenig das Siegel ein Garant für ökologisch vertretbare Fischerei ist. Die größten Kritikpunkte:

  • Zertifiziert wurden etwa 400 Krabbenkutter, die jährlich 30.000 Tonnen Nordsee-Krabben fischen, größtenteils ausgerechnet in einem Schutzgebiet, dem Nationalpark Wattenmeer.
  • Gefangen werden die Krabben mit „Baumkurren“ – das sind spezielle sehr engmaschige Grundschleppnetze mit schweren Eisenketten und einer Querstange, dem „Kurrbaum“. Die Baumkurren pflügen über den Boden, zerstören Sandkorallenriffe und sammeln nahezu alle Organismen ein, die auf und im Meeresgrund leben.

Und all dies wird der Öffentlichkeit als „nachhaltige Fischerei“ verkauft?

Muscheln: Biologische Wasserfilter in Not

Die globale Jahresproduktion von Muscheln beträgt mehr als 1,6 Millionen Tonnen – davon sind knapp 350.000 Tonnen bis heute Naturentnahmen aus dem Meer, der Rest stammt aus Aquakultur aus Süß- und Salzwasser.  

Etwa 8.000 verschiedene Arten von Muscheln gibt es. Miesmuscheln, Austern, Venus- und Kammmuscheln werden in Europa am meisten verzehrt. Fast 40 Prozent der gesamten EU-Aquakultur entfällt laut BMBF auf Miesmuscheln – pro Jahr werden ca. 550.000 Tonnen pro Jahr geerntet, in Deutschland zuletzt rund 13.000 Tonnen jährlich. Bereits seit hunderten von Jahren werden sie vom Menschen kultiviert, z.B. auf Holzpfählen oder immer häufiger auch an langen Leinen im Meer.

Anpassung der Miesmuschel an den Klimawandel. Bild anklicken zum Starten der Animation. (Grafik: Wissensplattform, eskp.de, Lizenz: CC BY 4.0)
Anpassung der Miesmuschel an den Klimawandel. Bild anklicken zum Starten der Animation. (Grafik: Wissensplattform, eskp.de, Lizenz: CC BY 4.0)

Muscheln sind essentiell für die Wasserqualität, denn sie ernähren sich von organischen Schwebstoffen und Algen und filtern dabei das Meerwasser. So schafft es eine einzelne Miesmuschel, bis zu 3 Liter Wasser pro Stunde einzusaugen. Allerdings sammeln sie dabei auch Schadstoffe an, die auch dem menschlichen Konsumenten schaden können.

Die Miesmuschelbänke in der Nord- und Ostsee sind in den letzten Jahrzehnten um 90% zurückgegangen. Zu schaffen machen ihnen Schleppnetzfischerei, der Sandabbau für die Bauindustrie und v.a. die Verschmutzung der Meere.

Tintenfische, Kraken & Calamares

Oktopusse und Kalmare gehören zu den Tintenfischen, die wiederum zu den Weichtieren gehören. Alle Tintenfische haben einen Beutel, aus dem sie bei Gefahr ein dunkles Sekret (Tinte) ausstoßen können. Mit 2,35 Mio. Tonnen jährlich machen Kalmare (mit ihren 10 Fangarmen) einen erheblichen Teil der befischten Weichtiere aus dem Meer aus, dazu kommen 408.000 t Kraken (z.B. Oktopusse) – diese haben nur acht Fangarme. Kalmare werden auf den Speisekarten als Calamares oder Polpi angeboten, Kraken als Oktopus, Polpo oder Pulpo.

Sie gelten als die Cleversten aller Wirbellosen, sie ändern ihr Aussehen binnen Sekunden und sie sind die Stars faszinierende Dokumentationen und Fachbücher: Kraken. Dennoch wird ihnen erbarmungslos nachgestellt, um eine steigende Nachfrage zu befriedigen. Über ihre kurze Lebensdauer von 1-2 Jahren vermehren sie sich nur ein einziges Mal – kein Wunder, dass die wilden Oktopus-Bestände in den Ozeanen rückläufig sind.

Weltweit erste Oktopus-Farm in Spanien geplant

2022 wurden die Pläne von Spaniens größtem Fischereikonzern, Nueva Pescanova, bekannt, auf Gran Canaria die erste kommerzielle Oktopus-Farm der Welt zu bauen. Um das Produktionsziel von jährlich 4.000 Tonnen zu schaffen, sollen die in der Natur als Einzelgänger lebenden Tiere tausendfach in Tanks aufgezogen werden. Auch die üblichen Tötungsmethoden in der Fischerei – mehrfaches Schlagen des Kopfes auf eine harte Fläche oder Einschneiden der Gehirne – sind angesichts der hohen Intelligenz dieser Tiere inakzeptabel.

Oktopus, Seafood-Markt © Iryna Chubarova
Oktopus, Seafood-Markt © Iryna Chubarova

Noch Lust auf Meeresfrüchte?

Neben den hier aufgezählten Punkten gibt es noch weitere Probleme – sowohl mit Blick auf Ökologie, Gesundheit als auch Tierschutz – die nicht für den Verzehr von Meeresfrüchten sprechen, z.B. die Schadstoff- und Keimbelastung in Muscheln oder der Einsatz von Fischmehl für Shrimps-Farmen. Hinzu kommen die oft eklatanten Tierschutzprobleme, z.B. das Hältern lebender Krustentiere wie Krabben oder Hummer, und schließlich der Kochvorgang, wenn noch lebende Krustentiere ins kochende Wasser geworfen werden.

Deshalb rät Pro Wildlife auch vom Konsum von Meeresfrüchten ab. Auch hier gibt es inzwischen schmackhafte vegetarische oder vegane Alternativen.

Petition: Grundschleppnetz-Fischerei stoppen

Die Grundschleppnetz-Fischerei ist eine der zerstörerischsten Fischereimethoden – und darf dennoch bis heute sogar in besonders sensiblen Ökosystemen (engl. VMEs) und sogar Meeresschutzgebieten praktiziert werden. 

Wir wollen ein komplettes Verbot der Grundschleppnetz-Fischerei – mit höchster Dringlichkeit für VMEs und marine Schutzgebiete. Helfen Sie uns, diesen Raubbau zu beenden und unterschreiben Sie unsere Petition!

Merch zum Meeresschutz

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