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Für Tourist*innen ist es meist ein tolles Erlebnis, ein Selfie mit Wildtieren zu ergattern. Die Fotos dokumentieren aber eigentlich vor allem eins: Tierquälerei.
Cheese! – Zum Urlaub gehören Fotos dazu. Oft können es gar nicht genug sein, alles muss auf der Kamera festgehalten werden. Gerade dann, wenn es um Tiere geht. Denn die gehören wohl zu den Lieblingsmotiven der Menschen schlechthin. Vor allem im Wildtiertourismus ist ein Erinnerungsfoto ein Muss. Im Trend: Selfies. Dabei grinsen meist ein oder mehrere Tourist*innen wie gewohnt in die Innenkamera ihres Handys. Der Unterschied zu gewöhnlichen Selfies: Neben ihnen blickt ein Wildtier in die Linse. Doch das hat in der Regel eher weniger zu lachen.
Was ist so schlimm an Wildtier-Selfies?
Wildtiertourismus wird per se bereits stark kritisiert. Wildtieren leben unter miserablen Bedingungen, eingesperrt oder gar angekettet, damit Tourist*innen sie streicheln, reiten oder waschen können. Für die Tiere eine einzige Quälerei. Selfies und Fotos mit Tourist*innen bedeuten für die Tiere zusätzlich Stress und Leiden. Dazu kommen falsche Haltung, direkter Kontakt zu Menschen oder schlechte tierärztliche Versorgung – viele Tiere sterben sehr jung. Doch das Geschäft ist lukrativ, weshalb Wildtiere teilweise auch gezielt für Selfies mit Tourist*innen eingefangen werden.
Damit ein Mensch überhaupt so nah an ein Wildtier herangehen kann, wie das für Selfies nötig ist, müssen Tiere zuvor außerdem oft ruhig gestellt werden. Gefährliche Tiere wie Tiger oder Bären werden daher zum Beispiel sediert oder ihnen werden Zähne gezogen, damit sie dem Menschen nichts tun und als zahme Marionetten eingesetzt werden können.
Egal, ob Elefanten, die einen Menschen fürs Foto mit ihrem Rüssel hochheben, Delfine, die Menschen einen Kuss geben, oder Tiger, die sich knuddeln lassen wie eine Hauskatze – das Verhalten der Tiere ist nicht natürlich. Sie werden trainiert und ihr Wille gewaltsam gebrochen. Kein Wildtier zeigt solch ein Verhalten von sich aus. Das hat sich der Mensch ausgedacht. Für das perfekte Foto.
Auch für den Artenschutz kann der Wildtiertourismus fatal sein. Obwohl beispielsweise Plumploris international durch das Washingtoner Artenschutzabkommen den strengsten Schutz genießen, werden sie immer wieder illegal über Grenzen geschmuggelt, um sie an thailändischen Stränden als „Fotomodell“ posieren zu lassen.
Einrichtungen mit Wildtierattraktionen überhaupt zu besuchen, ist schon mehr als nur bedenklich. Selfies mit leidenden, zum Teil sedierten Tieren zu machen, ist aber vor allem eins: geschmackslos. Und wenn die Tierliebe tatsächlich so groß ist, dann könnte das Geld besser investiert werden: in den Tierschutz zum Beispiel.
#tigerselfie #elephantride #dolphinkiss
Wenn das Foto mit dem kuscheligen Löwen, dem lustigen Affen oder dem süßen Koala gemacht wurde, landet es bald darauf häufig in sozialen Netzwerken wie Instagram. Die Organisation WAP hat im Jahr 2017 festgestellt, dass die Anzahl der Selfies mit Wildtieren auf Instagram von 2014 bis 2017 um fast 300 Prozent angestiegen ist.
Auf den Fotos sieht es dann oft so aus, als würde das Tier lachen, als würde es den Kontakt zum Menschen genießen, als hätte es Spaß. Was die Fotos nicht zeigen, sind die qualvollen Hintergründe.
Auf sozialen Netzwerken erzielen Wildtier-Selfies oft große Aufmerksamkeit. Menschen, die über die Lebensumstände der Tiere nicht Bescheid wissen, werden von solchen Bildern „inspiriert“ – und machen es im nächsten Urlaub vielleicht nach. Durch Social Media dienen Wildtier-Selfies deshalb auch der Verbreitung dieser bedenklichen Form des Wildtiertourismus.
Instagram hat bereits reagiert. Sucht oder postet man Hashtags wie #tigerselfie, #dolphinkiss oder #elephantride, so erscheint eine Warnung von Instagram, dass es sich bei derartigen Fotos um Tierquälerei handle. Erst, wenn durch einen Klick bestätigt wird, dass man die Fotos trotzdem ansehen oder posten möchte, kann die Aktion fortgeführt werden – diese Funktion ist ein Schritt in die richtige Richtung. Noch besser wäre es allerdings, wenn solche Fotos gar nicht mehr gepostet werden könnten.
Selfies mit wilden Tieren
Auch Tiere in freier Natur sind ein beliebtes Fotomotiv – verständlich. Und dagegen spricht erstmal auch nichts. Solange man beachtet, Abstand zu den Tieren zu halten.
In der Wildnis ist es natürlich nicht so einfach, ein Selfie mit einem Wildtier zu ergattern wie in Gefangenschaft. Urlauber*innen verleitet das oft zu riskanten Aktionen: Sie versuchen, so nah wie nur möglich an das Tier heran zu kommen, damit es noch mit aufs Selfie passt. Zu nah. Für die Tiere ist das Stress. Woher sollen sie denn auch wissen, ob der Mensch ein Foto machen oder sie jagen möchte? Fakt ist: Zu naher Menschenkontakt stresst die Tiere. Zumal das auch für den Menschen gefährlich werden kann: Wildtiere sind und bleiben wild – und möglicherweise gefährlich. Sicherheitsabstand ist daher auch für den Menschen enorm wichtig.
Wie drastisch sich die vermeintliche „Tierliebe“ und der Selfie-Wahn der Menschen auf das Tierwohl auswirken können, zeigt ein Vorfall an einem Strand von Majocar im Südosten Spaniens. Im August 2017 ist ein Babydelfin dort allein ins seichte Wasser geschwommen. Anstatt den Tierschutz zu rufen, haben die Badegäste den kleinen Meeressäuger aus dem Wasser gehoben, ihn herumgereicht, Fotos gemacht und mit ihm „gespielt“ – und dabei scheinbar vergessen, dass es sich um ein Lebewesen handelt. Als die örtliche Tierschutzorganisation eintraf, war der Babydelfin bereits tot.
Was Sie tun können
- Machen Sie keine Fotos mit Wildtieren in Gefangenschaft.
- Machen Sie keine Fotos mit Wildtieren, die als „Fotomodell“ angeboten werden.
- Machen Sie keine Fotos mit Wildtieren, die mithilfe von Futter angelockt wurden.
- Halten Sie Abstand zu Wildtieren, um die Tiere nicht zu stressen und sich selbst zu schützen.
- Liken und teilen Sie in Social Media keine Posts, in denen Ihre Freunde oder Prominente für Selfies mit Wildtieren posieren.
Beobachten und fotografieren Sie Wildtiere lieber in freier Natur mit gebührendem Abstand und tragen Sie so zum Schutz der Tiere bei.
Das tut Pro Wildlife
Pro Wildlife informiert Reisende und Reiseveranstalter über die Tier- und Artenschutzprobleme im Wildtiertourismus und gibt Tipps, worauf sie im Urlaub achten sollten. Zusätzlich setzen wir uns für strengere Gesetze und Verbote im Handel mit Wildtieren ein und helfen diese international zu schützen.