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Ob in der Dose, im Salat, auf der Pizza oder roh für Sushi. Thunfisch liegt in fast jeder Variation im Supermarkt. In Deutschland belegt er den vierten Platz der meist verzehrten Speisefische. Doch gerade diese Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten wird den Fischen zum Verhängnis. Denn durch die immer effektiverer Fangmethoden werden die Bestände zunehmend überfischt. Heute gelten bereits sechs der acht Thunfisch-Arten als gefährdet. Der südliche Blauflossen-Thunfisch wurde von der IUCN sogar als vom Aussterben bedroht eingestuft, wird aber nach wie vor gefischt und erzielt auf den Märkten Rekordpreise. Ein weiteres Riesenproblem: Wer Thunfisch fangen will, dem geht nicht nur Thunfisch ins Netz. Der Beifang von Delfinen, Walen, Rochen, Schildkröten und Seevögeln wie Albatrossen wird billigend in Kauf genommen. Sind unerwünschte Tiere mitgefischt worden, werden diese verletzt oder sogar tot als „Abfall“ zurück ins Meer geworfen.
- Weißer Thunfisch (Thunnus alalunga) – potenziell gefährdet
- Südlicher Blauflossenthunfisch (Thunnus maccoyii) – vom Aussterben bedroht
- Nordpazifischer Blauflossen-Thunfisch (Thunnus orientalis) – gefährdet
- Nordatlantischer Thun (Thunnus thynnus) – stark gefährdet
- Gelbflossen-Thunfisch (Thunnus albacares) – potenziell gefährdet
- Schwarzflossenthunfisch (Thunnus atlanticus) – nicht gefährdet
- Großaugen-Thunfisch (Thunnus obesus) – gefährdet
- Langschwanz-Thunfisch (Thunnus tonggol) – keine ausreichenden Daten
- Echter Bonito, „Skipjack“ (Katsuwonus pelamis) – nicht gefährdet
Fragwürdige Fangmethoden
Thunfisch wird unter anderem mit Treibnetzen gefangen, in denen sich besonders viele andere Meerestiere wie Wale, Haie oder Robben verheddern; viele von ihnen verenden in den Netzen. Zwar ist der Einsatz von Treibnetzen in EU-Gewässern seit 2002 verboten, jedoch dürfen in der EU seit 2006 Grundstellnetze verwendet werden. Diese sind kaum von Treibnetzen zu unterschieden. Die Treibnetze wurden also mehr oder weniger umdeklariert und sind damit wieder legal. Zu allem Überfluss gehen die Netze dann auch oft verloren. Sie verrotten nicht und töten sinnlos weitere Meeresbewohner („ghost fishing“). Ein weiteres Problem sind Lockbojen, die Thunfisch-Schwärme anlocken sollen, um sie gesammelt zu fangen. Denn sie locken nicht nur diese Fischart an, sondern auch diverse andere Meerestiere. 30.000 gefährdete Haie verenden pro Jahr laut Greenpeace wegen dieser Fangmethode. Auch pelagische Langleinen werden auf hoher See zum Thunfischfang eingesetzt. Die Köderfische werden an den Haken der Leine angebracht. Auch hier wird nicht nur die Zielfischart angelockt.
MSC duldet Jagd von Delfinen
Im ostpazifischen Ozean schwimmen Delfine oft gemeinsam mit Thunfischen. Die Delfine schwimmen etwa 150 Meter über den Fischen und werden deshalb für deren Fang ausgenutzt. Wird eine Delfinschule entdeckt, wird sie bis zur Erschöpfung mit einem Netz vorangetrieben. Haben genügend Thunfische das Netz erreicht, ziehen die Fischer es zu. Langsame und erschöpfte Delfine werden dabei mitgefangen und anschließend meist verwundet freigelassen. Viele Jungtiere werden so von ihrer Mutter getrennt oder überleben die Hetzjagd erst gar nicht. Jedes Jahr sterben laut GRD (Gesellschaft zur Rettung der Delfine) mehrere hundert Delfine durch diese grausame Fangmethode. Es stellt sich also die Frage, wie ein Fisch von MSC als nachhaltig gefangen zertifiziert werden kann, wenn bei dessen Fang der Tod von anderen Tieren toleriert wird?
Der Thunfisch könnte mit dieser Generation aussterben
1950 wurden insgesamt 400.000 Tonnen Thunfisch gefischt, 2014 waren es bereits fünf Millionen Tonnen. Im Jahr 2080 könnte es, sollten wir an unserem Konsum nichts ändern, in den Meeren keine Thunfische mehr geben.
80 Prozent weniger erwachsener Thunfisch als vor 20 Jahren
Besonders perfide ist der Fang von jungen Fischen, die noch nicht geschlechtsreif sind. Viele Jungtiere werden mit Ringwadennetzen auf hoher See eingefangen und in Küstennähe geschleppt. Zum Zeitpunkt des Fangs konnten sich noch nicht reproduzieren. In Gefangenschaft werden sie dann gemästet, bis sie das gewünschte Gewicht für die Schlachtung erreicht haben. Dieser Vorgang schadet dem Fischbestand nachhaltig, denn es sterben gleich die nachfolgenden Generationen mit. Gejagt werden die Tiere hauptsächlich im Atlantik und dem Mittelmeer. Der Großteil der legal im Mittelmeer gefangenen Thunfische wird nach Japan exportiert und unter anderem zu Sushi und Sashimi verarbeitet. Auch die lokale Bevölkerung und Inselbewohner leiden unter dem wachsenden industriellen Fischfang und den schrumpfenden Beständen. Gerade sie sind auf ihre eigene Fischerei angewiesen, um ihre Familien ernähren zu können.
Blauflossenthun – der Ferrari unter den Fischen
Wie kommerziell wichtig gerade der stark bedrohte Blauflossenthun ist, zeigte die CITES-Artenschutzkonferenz 2010. Dort verhinderte Japan mit allen Mitteln, dass für den Blauflossen-Thunfisch künftig internationale Handelsbeschränkungen gelten. Tokio wollte jegliche Regelung für das Geschäft mit dem kostbaren Riesenfisch um jeden Preis stoppen – bringen doch große Blauflossenthunfische auf japanischen Auktionen bis zu unfassbaren 560.000 Euro für ein Exemplar mit 200 Kilogramm! Es heißt sogar, dass in Japan skrupellose Geschäftsleute bereits Blauflossenthun in großem Stil als Geldanlage in Kühlhallen einlagern, weil er noch weiter im Preis steigen wird, je näher er der Ausrottung kommt…
Ein kleiner Trost für den Thunfisch
Zur Erhaltung des südlichen Blauflossen-Thunfisches haben sich bereits die Kommission für die Erhaltung des vom Aussterben bedrohten südlichen Blauflossen-Thunfisch (CCSBT) und die Kommission für die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis (CCMALR) vereint. Sie haben sich das Ziel gesetzt, diese Art besser zu schützen und auch ökologisch verwandte Arten vor größeren Schäden zu bewahren. Dazu wird jährlich ein Bericht abgeliefert, der den weltweiten Bestand des Blauflossen-Thunfisches bewertet und genaue Fangdaten erfasst. Werden keine Delfin-tödlichen Fangmethoden eingesetzt, wird der Fisch mit dem SAFE-Siegel des amerikanischen Earth Island Institutes (EII) gekennzeichnet. Hier werden auch Kontrollen an Bord der Fischkutter, in Konservenfabriken und an Anlandehäfen durchgeführt. Wollen Sie also sicherstellen, dass für Ihren Thunfisch kein Delfinblut vergossen wurde, orientieren Sie sich an SAFE oder an den Checklisten von Naturschutzverbänden.
Das Wichtigste aber ist, dass jeder Konsument Fisch als eine besondere Mahlzeit ansieht, die nicht täglich auf dem Speiseplan stehen muss. Begrenzte Ressourcen wie Meeresfisch sollten für Küstenstaaten reserviert sein, die wirklich darauf angewiesen sind, nicht aber für Überflussgesellschaften. Wir empfehlen, überhaupt keinen Meeresfisch zu essen.