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Von Akupunktur bis zu Qigong – Die Traditionelle Asiatische Medizin ist in China eine 2.000 Jahre alte Heilkunst. Die TCM (Traditionelle Asiatische Medizin /Traditionelle Chinesische Medizin) ist jedoch in Verruf gekommen, weil viele Rezepturen noch immer Wildtiere verwenden und damit Nashorn, Tiger, Kragenbären und viele andere Arten an den Rand der Ausrottung getrieben werden.
Aussterben auf Rezept
Mehr als 100 TCM-Rezepte (TCM = Traditionelle Chinesische Medizin /Traditionelle Asiatische Medizin) verwenden Körperteile des Tigers. Diese sollen helfen, Leiden von Asthma bis Tollwut zu lindern sowie Abszesse und Krämpfe, Faulheit und Pickel zu heilen. Selbst vor einer Infektion mit COVID sollen sie schützen. Vom Tiger wird nahezu alles verwendet: Knochen, Zähne, Krallen, Geschlechtsteile, innere Organe. Die Liste der Tigerprodukte ist lang, was den Schwarzmarktwert von bis zu 100.000 Euro erklärt.
Bärengalle hingegen soll Entzündungen und sogar Krebs heilen; Schuppentiere (auch Pangoline genannt) werden zur Behandlung von Hauterkrankungen, Ödemen und Blutstauungen eingesetzt. Rhino-Horn (reines Keratin, wie auch Fingernägel) gilt als Wundermittel gegen Fieber, Arthritis und Krebs.
Viele weitere Rezepturen basieren auf Seepferdchen, Saiga-Antilopen, Seegurken und viele weitere gefährdete Arten. Getrocknete Plumploris und Geckos werden auf Märkten ebenso verkauft wie Haiflossen und Schlangengalle – der Übergang zwischen Medizin und vermeintlich stärkendem Essen ist fließend.
Tiger sterben für die Traditionelle Asiatische Medizin
Der Handel mit Tigerprodukten ist äußerst lukrativ. In asiatischen und afrikanischen Zuchtfarmen werden die Tiere daher massenhaft gezüchtet und treiben so die Nachfrage nach Tigerprodukten weiter an. Obwohl Tiger seit 1975 durch das Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES) streng geschützt sind, konnten weder nationale noch internationale Verbote den illegalen Handel mit Tigerprodukten nachhaltig einschränken. Allein in Asien werden mehr als 8.900 Tiger in Gefangenschaft gehalten – mehr als doppelt so viele wie in der Wildnis bis heute überlebt haben.
Das sogenannte Golden Triangle gilt als wichtigstes Drehkreuz und Hotspot im illegalen Handel von Tigern und anderen Wildtierprodukten. Hier treffen die Länder Myanmar, Laos und Thailand aufeinander und sind über den Mekong Fluss mit China verbunden. Doch der Glaube an die Traditionelle Asiatische Medizin ist nur ein Grund für die massenhafte Zucht von Tigern, denn das Tragen, Dekorieren und Konsumieren von Tigerprodukten wird immer noch als Statussymbol angesehen. Auch die Tötung der Tiger wird als Attraktion gesehen und die Tiere daher meist lebend gekauft, um sie später selbst schlachten zu lassen. Eine beliebte Methode sind die sogenannten „diving tigers“ (deutsch: tauchende Tiger). Dabei werden die Tiger in kleinen Käfigen in einen Wassertank gelassen, in dem sie qualvoll und langsam ertrinken. Diese Methode ist billig und hinterlässt keine Spuren auf Fell und Organen, so dass der hohe Handelswert des Tigers nicht vermindert wird.
Zusätzlich werden seit 2008 vermehrt Löwenknochen als Ersatzprodukt für die seit 2007 im Handel verbotenen Tigerknochen in der Traditionellen Asiatischen Medizin verwendet. Südafrikanische Zuchtfarmen exportierten für die Traditionelle Asiatische Medizin in den letzten Jahren tausende Löwenskelette nach Asien und das ganz legal.
Neben Tigern werden in Südostasien auch Bären, Krokodile, Pythons und andere Wildtiere in großen Zuchtfarmen für die Traditionelle Asiatische Medizin gehalten und vermehrt.
Alternativen zu bedrohten Arten
Für TCM-Rezepturen werden jährlich Millionen Wildtiere zu Pasten, Tonika und Tinkturen verarbeitet. Während die bekanntesten Arten wie Tiger, Nashorn und Bären in Europa weder legal erhältlich sind noch von hiesigen TCM-Ärzten verwendet werden, sind Schildkröten, Seepferdchen oder Schlangen sogar in Europa noch immer Bestandteile, die in TCM-Rezepturen enthalten sein können.
Zwar wurden in den letzten Jahren viele dieser Arten unter Schutz gestellt, der Handel mit ihnen ist aber zu einem gewissen Umfang erlaubt, so dass die Bestände in der Natur noch immer geplündert werden. Organisationen in China setzen auf Kampagnen zur Nachfrage-Reduktion. Auch Pro Wildlife kooperiert u.a. mit der Gesellschaft für Traditionelle Chinesische Medizin, um TCM-praktizierende Ärzte für die Artenschutz-Problematik zu sensibilisieren und ökologisch verträgliche Alternativen zu zeigen, die z.B. auf Schlachtabfälle oder Nutzpflanzen zurückgreifen: So werden Kuhhörner statt Rhino-Horn empfohlen, pulverisierte Austernschalen statt dem Panzer von Weichschildkröten, Rinder- statt Tigerknochen, Ziegenhorn statt Saiga-Antilope, Hühner- statt Schlangen-Gallenblasen, Bockshornsamen statt Seepferdchen, Seifenbohnendornen statt Schuppentieren und Spargelwurzel statt Landschildkröten.
Erfolgreicher Druck von außen
Die Kritik von außen zeigt Wirkung: Im Juni 2020 erhob die Regierung in Peking Schuppentiere in den höchsten nationalen Schutzstatus, nur wenige Tage später wurden Pangoline von der Liste zugelassener TCM-Stoffe genommen. Ein wichtiger erster Schritt mit starker Signalwirkung…
Im Oktober 2024 verkündete die oberste Arzneimittelbehörde Chinas sogar ihren Beschluss, Ersatzprodukte für Wildtiere wie Pangoline, Saiga-Antilope und Bärengalle zu fördern. Ein wichtiger Schritt, denn einige TCM-Rezepturen sind hunderte, gar tausende Jahre alt – dass hieran nun gerüttelt werden soll, ist ein immenser Erfolg für den Artenschutz. Inwieweit Lücken bestehen bleiben, was die Verwendung gezüchteter Wildtiere wie Tiger angeht, ist allerdings noch offen.
Das tut Pro Wildlife
Pro Wildlife setzt auf zwei Ebenen an: Zum einen muss der Handel mit bedrohten Arten beendet werden. Deshalb verhandelt Pro Wildlife beim Washingtoner Artenschutzübereinkommen (engl. CITES) mit, damit für immer mehr Arten strikte Handelsverbote beschlossen werden. Auf der Weltartenschutzkonferenz im September 2016 konnten wir dies für alle acht Schuppentier-Arten erreichen. Zum anderen setzt Pro Wildlife auf ein Umdenken bei TCM-Ärzten und -Patienten und zeigt unbedenkliche Alternativen auf.
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