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Auf der Erde wird es immer wärmer. Die wichtigste Maßnahme gegen die fortschreitende Klimaerwärmung ist die Reduzierung von Treibhausgasen. Nicht nur müssen wir unsere Emissionen so schnell wie möglich auf Null herunterfahren, auch die Natur selbst bietet Lösungen an: Gesunde Ökosysteme binden enorme Mengen an Treibhausgasen und mildern die Folgen von extremen Wetterereignissen. Umso wichtiger ist es, Klima- und Artenschutz zu verzahnen, damit sie sich gegenseitig verstärken. Walpopulationen sind eine dieser natürlichen Lösungen gegen das CO2-Problem. Wie Wale zum Klimaschutz beitragen:
Erfolgreicher Klimaschutz mithilfe gesunder Meere
Wir assoziieren mit Klimaschutz häufig die Aufforstung von Regenwäldern oder der Wiedervernässung von Mooren. Aber erfolgreicher Klimaschutz muss auch die Meere miteinbeziehen. Ozeane speichern bisher rund ein Drittel der menschengemachten CO2-Emissionen. Tatsächlich könnte es sogar noch mehr sein, wenn wir z.B. Wale besser schützen.
Wale als Kohlenstoffspeicher: wie ein Wald an Land
Wale sind ein wichtiger Teil des CO2-Kreislaufs und tragen sowohl direkt als auch indirekt dazu bei, dass Kohlenstoff gebunden wird. Direkt: Wale essen kohlenstoffhaltige Nahrung und speichern diesen Kohlenstoff. Indirekt: Ihre Ausscheidungen sind eine wertvolle Nährstoffquelle für Pflanzen, die klimaschädliches CO2 aus der Atmosphäre filtern. (Mehr dazu unter Wale als Nährstoffspender)
Nicht nur lebend speichern Wale Kohlenstoff. Wenn sie sterben, sinken sie auf den Meeresgrund und verhindern so, dass der bei den Zersetzungsprozessen freiwerdende Kohlenstoff in die Atmosphäre gelangt.
Dabei gilt:
- Je größer der Wal, desto größer der Effekt. Denn im Gegensatz zu Pflanzen muss der Kohlenstoffspeicher von Tieren durch Nahrungsaufnahme immer wieder gefüllt werden.
- Je älter das Tier wird, desto länger bleibt der Kohlenstoff gebunden. Daher haben insbesondere die großen, langlebigen Bartenwale, zu denen u.a. Blau-, Finn- und Buckelwal gehören, sowie der Pottwal, die größten Auswirkungen.
Wale als Nährstoffspender
Neben den direkten Auswirkungen beeinflussen die großen Wale den CO2-Kreislauf auch indirekt:
- Vertikaler Nährstofftransport: die Walpumpe
Wenn tieftauchende Wal- und Delfinarten (wie Pottwale) in der Tiefsee jagen und fressen, transportieren ihre Ausscheidungen wichtige Nährstoffe an die Wasseroberfläche (Quelle: The Ecological Society of America). Für Phytoplankton ist Walkot eine wichtige Nährstoffquelle, v.a. für Stickstoff und Eisen. Für rund 25 Prozent des Phytoplanktons darf der Walkot mancherorts verantwortlich gemacht werden. Als Folge des Pflanzenwachstums wird mehr atmosphärisches CO2 gebunden und Sauerstoff produziert (siehe: Royal Society). Dieser vertikale Nährstofftransport wird als „Walpumpe“ (whale pump) bezeichnet.
- Horizontaler Nährstofftransport: das Walförderband
Dieser Nährstofftransport funktioniert auch horizontal über große Strecken und wird „(Groß-)Walförderband“ (great whale conveyor belt) genannt. Dieses „Förderband“ wird von Langstreckenwanderern unter den Walen betrieben (wie Buckelwale), die sich in nährstoffreichen kalten Gewässern um die Polarregionen eine Fettschicht anfuttern, bevor sie dann in tropische Gefilde wandern, um dort in den warmen, aber nährstoffarmen Gewässern ihre Kälber zu gebären. U.a. setzen die Wale stickstoffreichen Harnstoff frei, der das Wachstum des Phytoplanktons anregt.
Gesunde Riffe
Auf den Malediven ist es beispielsweise der Ostpazifische Delfin, der den Nährstofftransport zwischen zwei Ökosystemen ermöglicht, indem er in den tieferen küstennahen Gewässern jagt und anschließend seine Ruhephasen in Korallenriffen der Lagunen verbringt. Eine aktuelle Studie der Zoological Society of London stellt eine Verbindung zwischen den von den Delfinen ausgeschiedenen Stickstoffen und der Produktivität sowie Widerstandsfähigkeit der Riffe her.
Gesunde Riffe sind nicht nur essenziell für das ganze Meeresökosystem, sondern erhöhen auch die Produktivität von Seegraswiesen, die wiederum wichtige Kohlenstoffsenken sind, also CO2 binden und damit helfen, das Klima zu schützen (Quelle: Frontiers in Marine Science).
Ein Wal so wichtig wie 1.000 Bäume
Berechnungen des International Monetary Fund gehen davon aus, dass ein Bartenwal im Laufe seines Lebens durchschnittlich 33 Tonnen CO2 bindet. Ein Baum dagegen kommt in derselben Zeit nur auf 3 Prozent dieser Menge.
Würde die Bartenwal-Population von heute (ca. 1,3 Mio.) wieder auf das Vor-Walfangniveau von 4 bis 5 Millionen ansteigen, würde auch die Menge des Phytoplanktons zunehmen. Bereits ein einprozentiger Anstieg der Phytoplanktonaktivität könnte Millionen Tonnen zusätzliches CO2 pro Jahr binden. Dies entspräche der Kapazität von zwei Milliarden ausgewachsener Bäume.
Klimaschutz heißt also nicht nur Wälder wieder aufzuforsten, sondern unbedingt auch Wale zu schützen.
Wie der Walfang das Klima gefährdet
Der industrielle Walfang hat zu einem dramatischen Einbruch der Walpopulationen geführt. Studien der University of British Columbia gehen davon aus, dass die Gesamtpopulation der Großwale zahlenmäßig bis zu 79 Prozent zurückgegangen ist. Bei bestimmten Populationen war der Rückgang sogar noch fataler: Die Bestände des Blauwals der südlichen Hemisphäre sind um mehr als 99 Prozent gegenüber der Zeit vor dem industriellen Walfang zurückgegangen.
Betrachtet man die Gesamt-Biomasse der Großwale, hat diese sogar noch stärker abgenommen (69 bis 89 Prozent) als die Populationszahlen. D.h. dass durch den Walfang nicht nur weniger Individuen durch die Weltmeere schwimmen, sondern es immer weniger alte und damit ausgewachsene Wale gibt. Also fehlen genau die alten und großen Tiere, die am meisten Kohlenstoff speichern können.
Letztendlich wurden durch die Bejagung nicht nur Millionen Wale getötet, sondern auch die Kapazitäten der Ozeane zur Kohlenstoffspeicherung deutlich verringert.
>> mehr zur Jagd auf die Meeresriesen
Das tut Pro Wildlife
Pro Wildlife setzt sich innerhalb der EU und im Rahmen der Internationalen Walfangkommission für ein lückenloses kommerzielles Walfangverbot ein. Unser größter Erfolg (gemeinsam mit anderen Verbänden und engagierten Ländern) ist, dass das IWC-Moratorium bis heute noch in Kraft ist – trotz aller Versuche der Walfangländer, diese lästige Einschränkung zu beseitigen.
Doch das reicht uns nicht: Die Gesetzeslücken, mit denen Japan, Island und Norwegen das Moratorium umgehen, müssen endlich geschlossen werden. Um dies zu erreichen, informiert Pro Wildlife regelmäßig die Walschutzländer über Entwicklungen im Walfang und liefert ständig neue Argumente für den internationalen Verhandlungstisch. Die letzte Verhandlungsrunde war im Oktober 2022 in Slowenien, die nächste ist im September 2024 in Peru.