Wildkatzen auf der Couch

Kreuzungen aus Haus- und Wildkatze sind der letzte Schrei

Wildkatzen auf der Couch

Die Katze ist der Deutschen liebstes Haustier. Auf 16,7 Millionen schätzt der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe die Anzahl der in Deutschland gehaltenen Katzen inzwischen. Die allermeisten Menschen begnügen sich bei ihrem Stubentiger mit einer Europäisch Kurzhaar (oft ein wilder Dorfmix), manche wollen partout eine der vielen Rassekatzen (von der Perserkatze bis zur Russisch Blau) – und so einige hätten unbedingt gerne etwas ganz Besonderes. Eine Kreuzung aus Haus- und Wildkatzen soll es sein. Weil diese Mixe so schön sind und weil ohnehin bei Haustieren die Nachfrage nach Exoten boomt.

Die Zucht von Hybridkatzen als Wild- und Haustierform begann in den 1970er Jahren im Rahmen wissenschaftlicher Experimente: Wilde Bengalkatzen aus Asien wurden mit Hauskatzen gekreuzt, weil man Resistenzen gegen die feline Leukämie untersuchen und Impfstoffe entwickeln wollte. Einige dieser Kreuzungen wurden später an Privatleute abgegeben, um „kleine Leoparden“ mit der hübschen Fleckung der Bengalkatze zu züchten. Der Bann war gebrochen, die Nachfrage nach exotischeren Katzen stieg, immer neue Kreuzungsversuche nahmen seither ihren Lauf:

  • Die Savannah-Katze ist eine Kreuzung aus dem afrikanischen Serval mit einer Hauskatze, die mit ihrer Geparden-ähnlichen Fleckung Preise von bis zu 6.000 € pro Jungtier erzielt. Mit einer Schulterhöhe von 45 Zentimeter und einer Länge von 1,2 Meter (inkl. Schwanz) ist sie die größte aller Hauskatzenrassen.
  • Die Chausie ist eine Kreuzung aus Rohrkatze und Hauskatze. Der Name Chausie leitet sich vom wissenschaftlichen Namen der Rohrkatze (Felis chaus) ab. Das Haustiermagazin preist diese Kreuzung wie folgt an: „Die Chausie erfüllt den Wunsch nach Wildnis im Wohnzimmer. Die kurzhaarige Rasse trägt zur Hälfte Wildblut in sich und gehört somit zu den Hybridrassen.“ Rohrkatzen sind nicht auffällig gezeichnet, aber ihre Haarpuschel an den Ohren, ähnlich denen des Luchses, machen sie attraktiv.
  • Weitere Kreationen aus Haus- und Wildkatzen der vergangenen Jahre sind die Karakal-Katze oder „Caracat“ (Karakal x Hauskatze), Hybride aus Fischkatze mit der langhaarigen Rassekatze Maine Coon, „Vivveral“ (Fischkatze x Hauskatze), „Safari“ (Kleinfleckkatze x Hauskatze) sowie Bristol (Langschwanzkatze/Margay x Hauskatze).
Savannah-Katze
Savannah-Katze

Gefährliche Liebschaften

Bei der Zucht von Wild- und Hauskatze ist fast immer der Kater der Wilde, die Kätzin die domestizierte Form. Welche Wildkätzin würde sich schon mit einem langweiligen Hauskater paaren? Für die Hauskatze sind die Paarung und Trächtigkeit nicht ungefährlich: Ein Karakal- oder Serval-Kater ist größer, der Nackenbiss bei der Paarung entsprechend kräftiger. Die Tragezeit beim Karakal dauert rund 73 Tage, zehn Tage länger als bei der Hauskatze. Früh-, Fehl- und Totgeburten sind beim größeren Mix-Nachwuchs nicht selten.

Kein Wunder also, dass die Zuchten in Europa nicht ausreichen, um die Nachfrage zu decken: Noch immer werden reine Karakale, Servale, Bengal-, Rohr- und Fischkatzen nach Tschechien, Deutschland und England importiert – ganz offiziell für den kommerziellen Handel bestimmt. Die ersten vier Generationen der (artgeschützten) Wildkatzenart mit einer Hauskatze werden bei der Zucht und von den Behörden noch als Wildformen behandelt, doch bereits ab Generation fünf gelten die Tiere als ungeschützt und gezähmt. Züchter*innen preisen die Hybride als Tiere mit „dem Aussehen einer Wildkatze, aber mit der Persönlichkeit einer Hauskatze“ an. Unsere Hauskatzen sind das Ergebnisse eines Jahrtausende währenden Domestizierungsprozesses und bei solchen Hybriden sollen die Verhaltensmuster der Wildkatzen nach drei Generationen ausgemerzt sein, die gewünschte Optik hingegen nicht? Klingt seltsam, ist es auch.

Wildkatzen zeigen ihre Krallen

Nach einer ersten Phase der Begeisterung über ihr schönes neues „Haustier“ berichten Halter*innen von Hybridkatzen häufig, dass sich die Katze kaum streicheln lässt, ein sehr aggressives Verhalten zeigt und andere Haustiere attackiert. Und nicht nur die Aggressionen sind eine Herausforderung: Denn wie reine Wildkatzen markieren auch Hybridkatzen ihr Revier, notgedrungen in der Wohnung: Statt ins Katzenklo urinieren sie in Ecken und entlang der Wände, wie sie auch in der Natur entlang ihrer Wege markieren würden.

Zudem setzen sie ihre Krallen ein: Wildkatzenhybride hinterlassen an Möbeln und Wänden tiefe Kratzspuren. Zwar klagen auch manche Halter*innen klassischer Hauskatzen über solch unliebsames Verhalten, aber in der Regel handelt es sich dabei eher um Verhaltensstörungen oder um kurzfristigen Protest der Katze auf unangenehme Veränderungen (zum Beispiel eine neue Beziehung oder einen Umzug). Hybride sind also zwar bildschön, aber sie sind immer noch wild. Vor allem aus den USA, wo Hybridkatzen schon länger in Mode sind, berichten Tierheime und Auffangstationen, dass sie immer häufiger solche Tiere aufnehmen müssen. Weil die früheren Halter*innen überfordert sind oder schlichtweg im Alltag eben doch lieber ein stubenreines Schmusekätzchen wollen.

Wildkatzen: Bengalkatzen sind geschützt
Bengalkatzen sind geschützt

Und die Moral von der Geschichte?

Bei allem Verständnis dafür, dass Katzenfreunde diese neuen wilden Zuchtkreationen bildschön finden – und das sind sie zweifelsohne, mit ihren außergewöhnlichen Musterungen, ihren großen Ohren und ihrem stattlichen Körperbau. Der Domestizierungsprozess unserer Hauskatzen hat nicht umsonst mehrere tausend Jahre gedauert. Wer sich eine Katze anschaffen möchte, sollte sich über Eines im Klaren sein: Man tut sich, seiner Familie, seiner Wohnung und seinen Möbeln einen großen Gefallen, wenn man sich für die gute alte Hauskatze entscheidet und nicht dem neuesten, ziemlich unsinnigen Trend folgt. In den Tierheimen gibt es wahrlich genug Katzen, die ein neues Zuhause suchen.

Das tut Pro Wildlife

Wildkatzen (und viele andere Exoten) gehören nicht ins Wohnzimmer! Pro Wildlife fordert strengere Gesetze und Kontrollen in der Exotenhaltung und ein generelles Wildtierimportverbot. Eine Positivliste, wie sie in Belgien und den Niederlanden bereits existiert, wäre auch in Deutschland der beste Weg um den Handel und die Haltung von Wildtieren auf für den Arten- und Tierschutz unbedenkliche Arten zu beschränken. Pro Wildlife dokumentiert außerdem Ausmaß und Folgen des Handels mit exotischen Tieren und konnte für dutzende Arten, deren Bestand durch den Heimtierhandel bedroht wird, bereits Handelsverbote und Beschränkungen erwirken.

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