Affen sterben bei Brand im Zoo Krefeld

Diskussion über Menschenaffen in Gefangenschaft

Affen sterben bei Brand im Zoo Krefeld

In der Silvesternacht 2019/20 haben sogenannte Himmelslaternen (in Deutschland ist es verboten, diese steigen zu lassen) das Affenhaus im Zoo Krefeld in Brand gesteckt und komplett zerstört. Mehr als 50 Tiere starben qualvoll, darunter fünf Orang-Utans, zwei Gorillas, ein Schimpanse, diverse kleinere seltene Äffchen, Flughunde und Vögel. Erst um acht Uhr morgens, acht Stunden nachdem die Feuerwehr alarmiert wurden, entdeckten die Rettungskräfte drei schwer verletzte Tiere. Eine Tierärztin erlöste die beiden Orang-Utan-Weibchen von ihren Qualen. Das Gorilla-Männchen Massa konnte nicht eingeschläfert werden und musste daher um 10.15 Uhr, weitere zwei Stunden später, von einem Polizisten mit mehreren Schüssen aus einer Maschinenpistole getötet werden. Zwei Schimpansen waren die einzigen Überlebenden des Infernos, sie hatten sich in einen Versorgungsgang gerettet. Das alte Gebäude hatte weder Sprinkleranlagen noch Rauchmelder und war offenbar äußerst leicht entflammbar.

Trauer, Mitleid, Zorn

Die ersten Tage nach einer solchen Katastrophe gehören den polizeilichen Ermittlungen, der Trauer um die Tiere und dem Mitgefühl mit den Tierpflegern. Die wahrscheinlichen Verursacherinnen des Feuers haben sich inzwischen gestellt.

Auch ein Schimpanse starb beim Brand im Zoo Krefeld © Wolfgang Eggers
Auch ein Schimpanse starb beim Brand im Zoo Krefeld © Wolfgang Eggers

Nun muss es aber darum gehen, was aus der Katastrophe zu lernen ist und wie es für die Menschenaffenhaltung in Krefeld weitergeht. Auf unserer Facebook-Seite wurde über Tage heiß diskutiert: über Feuerwerksverbote, fehlende Brandschutzmaßnahmen, aber auch über die Frage, ob Menschenaffen überhaupt in Gefangenschaft gehören. All diese Fragen sind mehr als berechtigt.

Nicht alle Tiere eignen sich für die Zoohaltung

Eins vorweg: Pro Wildlife hat zu Zoos eine differenzierte Meinung. Aus unserer Sicht eignen sich beileibe nicht alle Tierarten für die Haltung in Tierparks: Elefanten, Delfine, aber auch Menschenaffen eignen sich aufgrund ihres äußerst komplexen Soziallebens und ihrer enormen Intelligenz sicher nicht. Auch andere Tiere, die in der Natur immense Wanderungen zurücklegen und/oder in tropischen oder arktischen Gefilden leben, sind für ein Leben in begrenzten Gehegen mit wenig Abwechslung und im hiesigen feucht-kühlen Klima nicht geeignet.

Das Argument, diese Tiere seien Botschafter für den Naturschutz, ist kritisch zu hinterfragen: Webende Elefanten, lethargische Orang-Utans und Eisbären mit Verhaltensstörungen können den Besuchern kaum ihre komplexen, natürlichen Verhaltensweisen zeigen. Lernt man nicht viel mehr aus den fantastischen Naturdokumentationen, die uns Fernsehen und Internet bieten?

Sexy Spezies als Kassenmagneten

Zoos sind darauf angewiesen, dass sie genügend Besucher haben. Deshalb setzen viele von ihnen vor allem auf die großen charismatischen Arten, die als Publikumsmagneten wirken. Dazu gehören eben just die Arten, die Tierschützer und Experten aus oben genannten Gründen für ungeeignet halten. Problematisch ist auch, dass teils immer neuer Nachwuchs gezüchtet wird, um Besuchern niedliche Jungtiere präsentieren zu können – selbst wenn die Aufzucht problematisch ist und keine ausreichenden Unterbringungsmöglichkeiten vorhanden sind. Einige Arten werden sogar bis heute noch aus der Wildnis eingefangen, um die Zoobestände aufzustocken.

Viele Zoogebäude sind jahrzehntealt und aus Tierschutzsicht ein Desaster, darunter die noch immer vielerorts vorhandenen gekachelten oder ausbetonierten Räume und das Fehlen von Freigehegen. Expandieren können die meisten Zoos kaum, da sie inmitten von Städten liegen. Dennoch haben Zoodirektoren leider noch immer oft den Anspruch, ein möglichst breites Artenspektrum zu präsentieren.

Häufig müssen Zootiere auf Beton und Kacheln leben
Häufig müssen Zootiere auf Beton und Kacheln leben

Nur manche Zoos haben in den vergangenen Jahren umgedacht und halten teils weniger Arten, um diesen dann entsprechend mehr Platz bieten zu können. So will der Zoo Wuppertal künftig auf Eisbären und Schimpansen verzichten; 2018 gab der Zoo Hannover seine Orang-Utan-Haltung auf; 2012 beendete Münster seine Delfinhaltung; der Zoo Frankfurt hält aus Platzgründen keine Elefanten. Eine Entwicklung, die wir sehr begrüßen, die aber längst nicht überall stattfindet und die auch bei weitem noch nicht ausreicht.

Neubauten: Teuer und nicht immer ein Gewinn für die Tiere

Bessere, größere und moderne Tieranlagen kosten Millionen und so kommt es, dass in vielen Zoos noch immer Tiere in völlig veralteten Gebäuden untergebracht sind. Diese sind in der Regel nicht tierschutzgerecht und mit unzureichenden Brandschutzmaßnahmen ausgestattet. Und selbst bei so manchem Neubau ist die Anlage vor allem für die Besucher attraktiv und lockt mit frei fliegenden Vögeln und Schmetterlingen im Tropenwald-Ambiente, während die Gehege für Raubkatzen und andere Arten zu wenig Platz und Struktur bietet.

Wie geht es in Krefeld weiter?

Zurück zum Zoo Krefeld: Der Tierpark hat Traumatisches erlebt, den Mitarbeitern und den überlebenden Tieren gilt unser ganzes Mitgefühl. Dennoch sollte man sich dort gerade jetzt die Frage stellen, ob man wirklich an der Menschenaffenhaltung festhalten will, wie das Zoodirektor und Oberbürgermeister angekündigt haben. Wir denken, die grausige Zäsur der Silvesternacht sollte Anlass sein, auf diese hochintelligenten Tiere zu verzichten, von denen so viele in Gefangenschaft Verhaltensstereotypien entwickeln!

P.S.: Auch wenn im Falle des Affenhauses in Krefeld die ohnehin bereits in Deutschland verbotenen Himmelslaternen den Brand ausgelöst haben: Ein Verbot privater Feuerwerke wäre aus zahlreichen Gründen in jedem Falle angebracht! Für öffentliche Feuerwerke sollte ein Mindestabstand von Tierparks, Grünflächen und Stallungen gelten, um Stress, Panik und Tod von Tieren zu vermeiden. Vielleicht wäre dann auch das Fliegenlassen von Himmelslaternen aus einem Privathaus erst gar nicht geschehen…

Autorin: Katharina Lameter
Veröffentlicht am: 7. Januar 2020, Aktualisiert am: 17. Januar 2020

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