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Ein kleines Boot, der blaue Ozean und ganz viele wilde Delfine: Nur mit Schnorchel und Taucherbrille ausgestattet geht es ins Meer. Die Delfine tauchen unter dem Boot hindurch, sind neugierig, springen aus dem Wasser und es ist zu hören, wie sie mittels ihrer Klicklaute kommunizieren. Doch wie bedenklich ist das Schwimmen mit Delfinen eigentlich?
Viele Menschen träumen davon, solch eine Erfahrung zu machen und mit wilden Delfinen im Ozean zu schwimmen. In den vergangenen Jahren hat sich dieses Erlebnis deshalb mehr und mehr zu einer echten Touristenattraktion entwickelt – und zwar in einem Ausmaß, dass immer mehr Länder mit strengeren Regelungen einschreiten müssen, weil es für die Tiere zu viel wurde…
Mit freien und glücklichen Delfinen in ihrem natürlichen Lebensraum schwimmen und tauchen – zugegeben, das hört sich erstmal richtig gut an. Für Mensch und Tier. Und im Gegensatz zu Besuchen in Delfinarien haben viele Urlauber hier keine Bedenken. Ganz so einfach ist das aber doch nicht. Denn es wird problematisch, wenn die Anzahl der Touristen überhand nimmt und der Wunsch der Menschen über die Bedürfnisse der Tiere gestellt wird – wie es beim Delfinschwimmen oft der Fall ist: Häufig suchen mehrere Anbieter die Tiere gleichzeitig auf, mehrmals am Tag. Vier oder fünf Boote halten sich dann oft zur selben Zeit um die Meeressäuger herum auf, während die Touristen sie im Wasser beobachten. Wenn die Delfine davon schwimmen, fahren die Boote hinterher. Für die Anbieter ist der Trend ein lukratives Geschäft, doch für die Tiere ist es purer Stress.
Egal ob in Portugal, Ägypten, Australien oder auf Hawaii – das Schwimmen mit wilden Delfinen ist heute auf der ganzen Welt möglich, eigentlich überall da, wo es eben auch Delfine gibt. Denn das Ganze wird nicht nur für den wohl bekanntesten Delfin angeboten, den Großen Tümmler (Tursiops truncatus), sondern auch für andere Arten wie Gemeiner Delfin (Delphinus delphis) oder Fleckendelfin (Stenella frontalis). In Neuseeland ist das Schwimmen mit Delfinen ebenfalls eine beliebte Touristenattraktion. Doch dem hat die neuseeländische Regierung nun einen Riegel vorgeschoben.
Neuseeland schränkt Schwimmen mit wilden Delfinen ein
„Bay of Island“ heißt die Bucht, um die es geht. Sie befindet sich auf der Nordinsel, nördlich von Auckland. Das Delfinschwimmen ist hier sehr gefragt. Doch das soll nun ein Ende haben. Schon 2016 hat eine Studie der neuseeländischen Massey Universität herausgefunden, dass der Umgang mit Menschen große Auswirkungen auf das Verhalten und die Population der Großen Tümmler in dieser Bucht hat: Durch den ständigen Kontakt mit Booten und Menschen schlafen und fressen die Tiere weniger und beschäftigen sich stattdessen mehr damit, zu spielen, zu interagieren und zu tauchen. Kurz gesagt: Sie kommen nicht zur Ruhe und stellen lebenswichtige Verhaltensmuster ein.
Häufiger Kontakt bedeutet für die Meeressäuger zu viel Stress. Seit 1999 ist die Zahl der Tümmler um 66 Prozent zurück gegangen. Heute besucht nur noch ein fester Kern von 19 Tieren die Gewässer von „Bay of Island“ häufig. Die Sterberate der Kälber liegt bei 75 Prozent. Das ist nicht nur die höchste in Neuseeland, sondern auch international. Die neuseeländische Regierung hat nun reagiert und das Schwimmen mit den Delfinen in dieser Bucht vollständig verboten. Darüber hinaus wurden auch die Zeiten für Bootsfahrten eingeschränkt.
Hawaii hat im Herbst 2021 ebenfalls das Schwimmen mit Delfinen verboten; zudem gelten für Boote, Stand-Up-Paddeln, Kanus und sogar Drohnen künftig eine Mindestabstandspflicht von 50 Metern zu den Tieren. Ein starker Schritt der Insel, denn Schwimmen mit Delfinen war bislang eine der beliebtesten Aktivitäten für Hawaii-Urlauber.
Delfinschwimmen in Gefangenschaft
Neben dem Schwimmen mit Delfinen in freier Natur gibt es auch noch andere Möglichkeiten, mit den Tieren im Wasser zu sein: In Gefangenschaft. Anders als im wilden Ozean können die Touristen hier nicht nur neben ihnen her schwimmen und sie beobachten, sondern in vielen Fällen auch anfassen, sie streicheln und sich von ihnen durchs Wasser ziehen lassen. Ein Geschäftsmodell, von dem wir dringend abraten.
Denn für die Tiere bedeutet das Stress pur: Neben dem Aspekt, dass die Haltung von Delfinen in Gefangenschaft an sich bereits nicht artgerecht ist, stehen die Tiere beim Schwimmen in ständigem Kontakt zu Menschen, können in den zu kleinen Becken nicht ausweichen und werden durchaus auch aggressiv. Diese Art von Delfinschwimmen ist daher in keiner Hinsicht vertretbar. Und auch die Delfintherapie steht massiv in der Kritik.
Schwimmen mit Delfinen: Respekt und Verantwortung
Aber wie ist das nun mit dem Schwimmen mit wilden Delfinen? Ist es vertretbar oder sollten Urlauber lieber auch von solchen Angeboten die Finger lassen?
Generell ist es wichtig, verantwortungsbewusst zu handeln und Angebote unbedingt genau zu überprüfen. Zum Beispiel, wie oft solche Touren am Tag angeboten werden, wie viele Menschen auf einmal mitkommen und wie der Veranstalter dem Tierwohl gegenübersteht. Es ist zum Beispiel wichtig, dass ein gewisser Abstand zu den Tieren eingehalten wird. Wenn die Delfine wegschwimmen, dann ist das nun einmal so. Ein Anbieter, der den Tieren dann hinterher fährt, handelt nicht verantwortungsbewusst.
Doch in der Praxis ist es sehr schwer, Angebote im Vorhinein wirklich genau zu überprüfen. Will man dann auch noch herausfinden, ob andere Anbieter ebenfalls unterwegs sind, wird es nahezu unmöglich. Deshalb raten wir dazu, vorsichtshalber auf das Schwimmen mit Delfinen zu verzichten. Und was man nicht vergessen darf: Die Eindrücke vom Anfang des Artikels sind und bleiben Wunschvorstellungen, keine Realität: Wenn gleichzeitig noch 30 andere Touristen im Wasser sind, dann wird das nicht nur für die Delfine stressig.
Die bessere Variante: Delfine lassen sich in vielen Ländern, auch in Europa, ganz wunderbar von Booten aus beobachten. Auch hierbei gilt: Genau schauen, ob der Veranstalter sich an Abstandsregelungen hält, die Delfine nicht bedrängt, abwartet. Und oft wird diese rücksichtsvolle Art von den neugierigen und verspielten Delfinen belohnt: Sie kommen freiwillig ans Boot, tauchen darunter durch und schwimmen sogar mit den Booten mit. Delfine hautnah erleben, ohne sich ihnen aufzudrängen – das schenkt einmalige Erlebnisse…
Autorin: Julia Kainz
Veröffentlicht am: 17. September 2019. Aktualisiert am 7. Oktober 2021 & 14.06.2024