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Seit Herbst 2022 betreibt Pro Wildlife gemeinsam mit Auffangstationen in vier afrikanischen Ländern eine Aufklärungskampagne zu Gesundheitsrisiken durch Zoonosen und dem „One Health Prinzip“. Dieses besagt, dass die Gesundheit von Menschen eng mit einer intakten Natur und der Gesundheit von (Wild)Tieren verknüpft ist. Unsere Vor-Ort-Partner sind dabei das Libassa Wildlife Sanctuary (LiWiSa) in Liberia, Pandrillus in Nigeria, das Limbe Wildlife Center in Kamerun und die Game Rangers in Sambia. Gerade Auffangstationen, die ja die überlebenden Opfer der Buschfleischwilderei gesundpflegen und möglichst wieder auswildern, sind ideale Partner, um Aufklärungsarbeit bei den Menschen vor Ort zu leisten. Unser Ziel ist es, das Wildern von Affen und anderen Wildtieren und damit gleichzeitig Gesundheitsrisiken für den Menschen zu reduzieren.

Was sind die größten Hürden für die Zoonosen-Kampagne?
Allein Nigeria hat eine Bevölkerung von 225 Millionen Menschen mit mehr als 250 verschiedenen ethnischen Gruppen und etlichen unterschiedlichen Sprachen – und unsere Kampagne ist in vier verschiedenen afrikanischen Ländern aktiv. Es kann also nicht DIE EINE, für alle nutzbare Aufklärungskampagne geben: Je nach Land, Zielgruppe und Bildungsstand benötigen wir individuelle Strategien, um die Menschen zu erreichen. Außerdem hat sich schnell gezeigt, dass trotz mehrerer Ebola-Ausbrüche und auch mehr als drei Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie noch immer die meisten Menschen in West- und Zentralafrika kaum etwas über Zoonosen wissen. Dabei stellt gerade das traditionell konsumierte Buschfleisch ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Deshalb gilt es, Vertrauen aufzubauen und Zweifel mit Fakten und Ausdauer abzubauen. Alte Traditionen zu ändern ist keine leichte, schnell zu lösende Aufgabe.
Zwar können unsere Auffangstationen in ihrer Umgebung viele Veranstaltungen durchführen, aber gerade in großen Ländern mit teils schwacher Infrastruktur braucht es andere Strategien, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Radiosender, soziale Medien und der Einsatz von Multiplikatoren spielen hierbei eine wesentliche Rolle. In Nigeria hat sich das Team etwas Besonderes ausgedacht: Sie arbeiten mit freiwilligen One-Health-Botschafter*innen aus dem ganzen Land, die nach einer Schulung selbst Aufklärungsarbeit in ihrer Umgebung betreiben.


Wen erreichen wir mit unserer Aufklärungsarbeit?
Wichtig ist uns, dass wir die lokale Bevölkerung sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Regionen erreichen. Gerade die Dorfbevölkerung nahe Nationalparks ist eine wichtige Zielgruppe, denn sie jagt inzwischen vermehrt in den Schutzgebieten, da in den übrigen Waldstücken kaum noch Affen und andere Wildtiere zu finden ist. Die Menschen in den Städten wiederum haben zwar Zugang zu anderen Lebensmitteln, aber aus Tradition und auch als Statussymbol konsumieren sie gerne noch „Buschfleisch“ und sind aufgrund ihrer Kaufkraft ein Treiber der Wilderei in den ländlichen Regionen.
Wichtig ist uns auch, verschiedene Altersgruppen und Bildungsstände anzusprechen. Kinder und Jugendliche sind besonders wichtige Zielgruppen, da sie wissbegierig und zudem weniger fest in alten Traditionen verhangen sind. Die Frauen sind in Afrika traditionell zuständig für die Nahrungszubereitung. Gelingt es, die Frauen zu überzeugen, dass Fleisch von Affen, Fledermäusen oder Schuppentieren ein Risikoherd für Zoonosen ist, hat das einen direkten Einfluss auf den Speiseplan der ganzen Familie. Deshalb suchen unsere Vor-Ort-Teams ganz gezielt den Austausch mit Frauengruppen in noch traditionell lebenden abgelegenen Dörfern.

Wie erreicht man so verschiedene Zielgruppen?
Unsere Projektpartner vor Ort erarbeiteten zunächst Infomaterial und Schautafeln in verschiedenen lokalen Sprachen und Dialekten, z.B. in „Pidgin“-Englisch, was in vielen Gebieten in Nigeria und Kamerun die übliche Sprache ist. Schautafeln mit Bildsymbolen und kurzen Texten sind ideal, um einfache Botschaften zur Problematik von Buschfleisch und Gesundheitsrisiken durch Zoonosen zu vermitteln. Kalender, Notizbücher und kleine Poster wurden an Schulen verteilt – werden sie im Alltag von Schüler*innen genutzt, gelangt die Botschaft auch in deren Familien.

Die Auffangstationen haben auf ihrem Gelände jeweils eigene Ausstellungen zum Thema Zoonosen zusammengestellt. Mit Führungen und Workshops informieren sie jährlich tausende Besuchende. Außerdem besuchen sie Schulen und Universitäten, wo sie mit Vorträgen und Bannern noch mehr Menschen erreichen. Um die Reichweite der Aufklärungskampagne zu erhöhen, reisen die Teams auch in abgelegene Gemeinden, arbeiten mit Radiosendern zusammen und informieren über Social Media. Denn Radio ist die wichtigste Informationsquelle in diesen Ländern, gerade in abgelegeneren Dörfern, und auch Social Media werden v.a. von jüngeren Menschen inzwischen intensiv genutzt.
Aufklärung zu Zoonosen kann auch Spaß machen
Für Kinder und Jugendliche darf es zwar auch der klassische Schulunterricht sein, zu dem unsere Teams zu den verschiedenen Schulen reisen oder die Klassen in den Auffangstationen an Führungen und Workshops teilnehmen. Aber noch mehr Spaß machen Informationen natürlich, wenn sie spielerisch vermittelt werden. Deshalb hat LiWiSa mehrere Spiele entwickelt, in deren Verlauf man eine Menge über Zoonosen lernt und wie man sie vermeiden kann (s. Titelbild).

Mit großen Events wie Fußballturnieren ziehen die vor-Ort-Teams Jung und Alt aus allen umliegenden Dörfern an. Banner und Infostände, die deutlich machen, wie Artenschutz, Naturschutz und die menschliche Gesundheit zusammenhängen, erreichen auf solchen Veranstaltungen bis zu 2.000 Menschen aller Altersstufen.

Diese Kampagne ist unser Beitrag zur „Internationalen Allianz gegen Gesundheitsrisiken durch den Wildtierhandel“ und wird großteils finanziert durch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
Autorin: Dr. Sandra Altherr
Veröffentlicht am: 2. November 2023.