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Seit mehr als zehn Jahren warnen Forscher: Mehr als 70 Prozent aller Krankheiten, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden, stammen von Wildtieren, so wie aktuell das Coronavirus SARS-CoV-2. Der globale Handel mit Wildtieren spielt bei der Verbreitung dieser sogenannten Zoonosen eine erhebliche Rolle. Millionen Wildtiere werden meist völlig unkontrolliert um den Globus gehandelt. Dazu kommt ein weiterer Aspekt: Lebensraumverlust und Krankheiten hängen zusammen. Wir nehmen den Tieren ihren Lebensraum und sorgen so dafür, dass sie aus den Wäldern auf unsere Felder und in die Städte kommen. Dabei kann es vorkommen, dass sie Krankheiten mitbringen.
Der bekannteste Fall dafür, wie der Verlust natürlicher Lebensräume von Wildtieren zur Verbreitung von Zoonosen beiträgt, ist Ebola. Doch auch Lyme-Borreliose und viele andere Krankheiten werden erst durch die Zerstörung intakter Lebensräume von Wildtieren zu den Menschen gebracht.
Flughunde und Fledermäuse sind Virus-Testzentren
Ebola ist eine sehr tödliche Viruserkrankung, die von Fledertieren auf den Menschen übertragen wird. Der Mensch dringt immer tiefer in den Lebensraum der Tiere vor, zerstört diesen und fängt die dort lebenden Tiere ein, um sie lebend oder tot zu verkaufen. Um trotz schrumpfender Lebensräume zu überleben, sind die Fledermäuse und Flughunde gezwungen, die Wälder zu verlassen. Auf diesem Weg ist Ebola auf den Menschen übertragen worden. Die Flughunde fanden keine Nahrung mehr in den verbliebenen Wäldern und kamen auf die Felder, um von den gleichen Früchten zu fressen wie die Menschen. Außerdem werden Fledertiere als Buschfleisch in weiten Teilen Afrikas und Asiens gefangen und gegessen. Die letzte große Ebola-Epidemie gab es 2014, als große Teile Westafrikas betroffen waren; von den fast 30.000 Infizierten starben mehr als 11.000 Menschen. Auch in Teilen der Demokratischen Republik Kongo gibt es immer wieder Ausbrüche.
Fledermäuse und Flughunde sind für Viren die idealen Wirte. Die Tiere leben in großen Gruppen, legen weite Strecken zurück und können so Krankheiten von einer Population in die Nächste tragen. Aus der Sicht eines Virus sind das ideale Bedingungen. Außerdem haben diese erstaunlichen Säugetiere ein sehr starkes Immunsystemen. Forscher nehmen an, dass die Tiere wie eine Art Testzentrum für Viren fungieren. Wie in einem Wettlauf rüsten die Viren auf, um das Immunsystem der Tiere zu durchdringen, die wiederum ihr Immunsystem hochfahren. So können auch für den Menschen tödliche Viren entstehen. Das Coronavirus SARS-Cov-2 stammt offenbar ebenso von Flughunden wie das SARS-Virus von 2002/2003, das auf einem Wildtiermarkt von Flugtieren über Larvenroller (Verwandte der Schleichkatzen) auf den Menschen übersprang.
Lebensraumverlust: Fataler Kreislauf
Dringen Menschen immer tiefer in die Urwälder und Lebensräume von Wildtieren vor, kommen sie auch in Kontakt mit neuen Viren. Die menschengemachte Zerstörung zwingt die Wildtiere nicht nur, aus den Wäldern in die Städte und auf die Felder des Menschen abzuwandern, sondern sie verursacht auch ein Artensterben. Die Artenvielfalt nimmt ab und so können sich Viren viel leichter ausbreiten; das Risiko einer Infektion nimmt zu. Denn im ungestörten Regenwald durchmischen sich Tiere und Tierarten gut und machen es Viren schwerer, passende Wirte zu finden. Früher oder später breiten sich die Krankheiten nicht mehr weiter aus. Eine Vielzahl der Arten verringert damit das Risiko, dass sich die Krankheit am Ende auch auf den Menschen überträgt.
Ähnlich steht es auch um die Lebensraumverlust und Krankheiten in Nordamerika. Weil Lebensräume verschwinden, kommen Opossums in die Städte und fressen dort vermehrt die Abfälle des Menschen. In vielen Städten werden sie daher häufig als Plage angesehen und gejagt. Dabei haben Opossums eine durchaus wichtige und für uns nützliche Aufgabe, denn sie tragen dazu bei, die Ausbreitung von Zecken einzudämmen. Opossums könnten uns also eigentlich vor Krankheiten wie Borreliose schützen, denn diese wird von Zecken auf den Menschen übertragen.
Lebensraumverlust und Wildtierhandel stoppen
Alle Appelle von Tier- und Artenschützern, die Vernichtung von Lebensräumen und den Handel mit Wildtieren zu stoppen, verhallten in der Vergangenheit. Zu groß waren bisher wirtschaftliche Interessen. Nun zeigt sich, wie enorm der Schaden für Menschen und Wirtschaft sein können, wenn wir nicht aufhören, die Natur zu zerstören und Wildtiere um den gesamten Globus zu handeln. Vielleicht ist dies ja die Chance, die rücksichtslose Lebensraumzerstörung kritisch zu hinterfragen.
Autorin: Katharina Lameter
Veröffentlicht am: 6. April 2020