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10.976 streng geschützte Strahlenschildkröten wurden im April 2018 auf Madagaskar beschlagnahmt – eine unglaubliche Zahl. Als wir davon erfuhren, war uns sofort klar: Die Turtle Survival Alliance braucht schnelle und unbürokratische Hilfe. So viele Tiere müssen medizinisch untersucht und behandelt werden; viele von ihnen verwundet, ausgetrocknet, von Parasiten geschwächt. Gesunde Schildkröten sind schnellstmöglich von den kranken Tieren zu trennen, damit sich keine Erreger ausbreiten.
Für einige hundert Panzerträger kam die Beschlagnahme zu spät. Die katastrophale Lagerung in einem leerstehenden Haus, ohne Futter und Wasser, forderte ihre Opfer. Für die überlebenden knapp 10.000 Tiere hat diese schreckliche Story hoffentlich ein Happy-End: Sind die Schildkröten wieder gesund, können sie wieder zurück in die Natur. Doch bis dahin heißt es für die vielen fleißigen Helfer: Füttern, Entmisten, Gesundheits-Checks im Akkord – und das noch für die nächsten Wochen.
Traurige Rekordaufgriffe
Der Aufgriff in Madagaskar ist beileibe kein Einzelfall – und er ist nicht einmal der größte seiner Art:
- Im Oktober 2017 fanden die Behörden in Indien 1.012 Schildkröten. Gerade noch rechtzeitig vor dem Export nach China und Hongkong gelang die Beschlagnahme von Indischen Sternschildkröten, aber auch 27 Zeltschildkröten – eine Art, die dank Pro Wildlife seit 2002 international geschützt ist.
- Im September 2016 deckte das von uns unterstützte Undercover-Team EAGLE in Madagaskar einen Schmugglerring auf: In drei Koffern fanden sie 428 Strahlenschildkröten. Der Schwarzmarkt-Wert beträgt über eine halbe Million US Dollar.
- Im Januar 2015 gelang den Behörden Indonesiens binnen weniger Tage ein Doppelschlag gegen Tierschmuggler. 7.634 Papua-Weichschildkröten wurden gerettet. Die Tiere waren in Kisten gestopft und als „Krabben“ deklariert.
- Im Juni 2015 fanden die Behörden in einem Warenhauslager auf Palawan, Philippinen, 4.400 Schildkröten. 3.900 von ihnen waren philippinische Erdschildkröten. Die Art ist akut vom Aussterben bedroht und kommt nur auf den Philippinen vor. Auch in diesem Fall leistete Pro Wildlife finanzielle Soforthilfe an die Katala Foundation, die die Tiere professionell versorgte und die Wiederauswilderung organisierte.
- 1999 gab es auf einem Schiff in Manaus, Brasilien, gar eine Beschlagnahme von 38.000 Schienenschildkröten – der größte uns bekannte Aufgriff.
Suppentopf oder Terrarium?
In all diesen Fällen muss trotz der dringenden Sofortmaßnahmen auch die Frage geklärt werden: Wofür waren diese Tiere bestimmt? Wo sollten sie enden? Das ist wichtig, damit Vollzugsbeamte besser durchgreifen, Mittelsmänner und Auftraggeber bestraft werden und Schmuggelrouten geschlossen werden können. Bei großen Aufgriffen stellt sich immer die Frage, ob die Schildkröten für die Fleischmärkte in Fernost bestimmt sind, auf denen alljährlich Millionen Wildtiere enden. Für hübsch gemusterte Strahlenschildkröte aus Madagaskar zahlen Sammler hier in Europa bis zu 5.000 Euro für ein geschlechtsreifes Tier. Bei einer so seltenen und teuren Art liegt also eher der Schmuggel für den internationalen Heimtiermarkt nahe.
Ein Dankeschön für all die Hilfe!
Ob Fleischmarkt oder Exotenhandel: Die rücksichtslose Plünderung der Natur muss gestoppt werden. Pro Wildlife setzt sich für internationale Handelsverbote für seltene Wildtiere ein. Doch genauso wichtig ist es, zu helfen, wenn Tiere beschlagnahmt werden. Dass so viele Tierfreunde für die Strahlenschildkröten gespendet haben (3.300 Euro Soforthilfe konnten wir binnen weniger Tage überweisen) macht uns stolz: Schließlich ging es hier nicht um kuschelige Tiere mit großen Kulleraugen, sondern „nur“ um Reptilien. Aber wir haben einfach tolle Unterstützer, für die jedes Tierleben zählt. Danke dafür – das war großartig!
Autorin: Dr. Sandra Altherr
Veröffentlicht am: 8. Mai 2018