Portoroz / München, 13. Oktober 2022. Expert*innen erwarten schwierige Verhandlungen auf der bevorstehenden Tagung der Internationalen Walfangkommission (IWC), die vom 17. bis 21. Oktober in Portoroz, Slowenien, stattfindet. „Während die Walschutzländer darauf fokussiert sind, diesmal vor allem die Finanzierung der IWC sicherzustellen, wollen andere Länder das seit 1986 geltende kommerzielle Walfangverbot stürzen und preisen den Walfang gar als Beitrag gegen den globalen Hunger an“, berichtet die Biologin Dr. Sandra Altherr, die für Pro Wildlife an der IWC-Tagung teilnimmt. Japan als größter Geldgeber trat 2019 aus der IWC aus; verbündete Kleinstaaten u.a. aus der Karibik stimmen jedoch weiterhin in der IWC im Interesse Japans.
Die wichtigsten Themen für die IWC 2022:
- Finanzierung der Walfangkommission ungewiss: Die IWC-Mitgliedsstaaten finanzieren mit ihren Beiträgen wichtige Gremien und Arbeitsgruppen, die beispielsweise die Jagd auf Delfine und Kleinwale oder die Bestandsentwicklungen von Walen untersuchen. Ohne eine ausreichende finanzielle Ausstattung werden wissenschaftlich fundierte Aussagen über den Schutzbedarf von Walen und Delfinen nicht mehr möglich sein. „Viele Mitgliedsländer kämpfen mit den Folgen der Pandemie, einige haben ihre IWC-Gebühr nicht gezahlt. Einer Erhöhung der Beiträge werden sie also kaum zustimmen. Andererseits muss die IWC über genug Geld verfügen, um ihre Arbeit überhaupt weiterführen zu können“, so Altherr.
- Resolution zum Beenden des kommerziellen Walfangverbotes: Antigua & Barbuda beantragt, eine Arbeitsgruppe ins Leben zu rufen, die die Rahmenbedingungen für eine Wiederaufnahme des Walfangs festlegen soll. „Resolutionen brauchen nur eine einfache Mehrheit, deshalb kämpfen wir um jede Stimme gegen diese gefährliche Initiative“, so die Pro Wildlife-Sprecherin.
- Resolution zur Nahrungssicherheit (von Gambia, Guinea, Kambodscha sowie Antigua & Barbuda): Diese verweist auf globale Armut und Nahrungsmittelknappheit und will Walfang als Teil der Lösung ins Spiel bringen. „Die IWC erlaubt Ureinwohnern ohnehin bereits ausdrücklich Walfang zur Selbstversorgung. Diese Resolution will hingegen die Grenzen zum verbotenen kommerziellen Walfang verwischen“, erläutert Altherr.
- Walschutzgebiet im Südatlantik (Antrag von Argentinien, Brasilien und Uruguay). Dies wird bereits seit vielen Jahren immer wieder versucht, scheiterte jedoch bislang am Widerstand der Walfangländer. Für diesen Antrag wäre eine Dreiviertelmehrheit erforderlich, die jedoch auch diesmal höchst unwahrscheinlich ist.
- Resolution gegen die Plastikvermüllung der Meere: „Dies ist die einzige Initiative, die die EU zur diesjährigen IWC eingebracht hat. Zwar ist dieses Thema wichtig und wir unterstützen die Resolution auch ausdrücklich. Aber insgesamt ist die EU als wichtiger Stimmenblock bei der IWC viel zu passiv“, sagt die Pro Wildlife-Sprecherin.
Engagement der Europäische Union enttäuscht
Mit Norwegen und Island machen gleich zwei europäische Länder trotz des seit 1986 geltenden kommerziellen Walfangverbotes noch immer Jagd auf die Meeresriesen. „Seither starben fast 18.000 Wale durch europäische Explosivharpunen – allein in diesem Jahr 580 Zwergwale in Norwegen und 148 Finnwale in Island. Über die letzten zehn Jahre haben beide Länder gemeinsam mehr als 14 Millionen Kilogramm Walfleisch exportiert, fast alles davon nach Japan“, fasst die Pro Wildlife-Sprecherin zusammen. „Die EU konnte sich dennoch nicht durchringen, eine scharfe Resolution gegen diesen inakzeptablen Walfang in Europa einzureichen. Wir hatten hier deutlich mehr Engagement erhofft“. Pro Wildlife wird dennoch sowohl den Walfang Islands und Norwegens, aber auch die unkontrollierte Delfinjagd auf den zu Dänemark gehörenden Färöer-Inseln zur Sprache bringen.