Flusspferde in Gefahr

Europäische Union ist größter Importeur für Hippo-Schnitzereien aus Asien

München, den 2. März 2018. Flusspferde sind die nächsten Opfer der Gier nach Elfenbein. Ihre Zähne werden im großen Stil legal und illegal aus Afrika nach Asien verkauft. In Hong Kong und China werden daraus Schnitzereien gefertigt, die zum Teil wieder exportiert werden – vor allem in die Europäische Union. Die EU war in den vergangenen zehn Jahren mit mehr als 40.480 eingeführten Schnitzereien (88 Prozent der gemeldeten Einfuhren) der mit weitem Abstand größte Importeur für verarbeitete Flusspferdzähne. Die übrigen 12 Prozent gingen fast ausschließlich in die USA. „Flusspferde wurden bisher in der öffentlichen Wahrnehmung häufig vergessen, sie brauchen jedoch dringend mehr Schutz“, so Daniela Freyer von der Artenschutzorganisation Pro Wildlife. „Geltende Handelsbeschränkungen werden nicht umgesetzt, Exportzahlen nicht gemeldet. Zudem boomt der Schmuggel mit Flusspferdzähnen.“

Flusspferde sind auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) als gefährdet eingestuft. Groben Schätzungen zufolge gibt es nur noch zwischen 115.000 und 130.000 Tiere. Für die Länder, die Flusspferde exportieren, fehlen allerdings aktuelle Bestandszahlen. Gleichzeitig gelten Lebensraumzerstörung und Wilderei für Fleisch und Zähne als die größte Bedrohung.

Der internationale Handel mit Flusspferdprodukten unterliegt seit 1995 den Handelsbeschränkungen des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (engl. CITES). Während der internationale Handel mit Elefanten-Elfenbein seit 1989 weitgehend verboten ist, ist er mit Flusspferdzähnen bis heute legal. Zwar muss das Ausfuhrland bescheinigen, dass der Handel nachhaltig ist, eine Exportgenehmigung erteilen und die Exporte bei CITES melden. Eine aktuelle Studie der Universität von Hong Kong brachte jedoch ans Tageslicht, dass CITES-Bestimmungen umgangen und ein Großteil der Exporte nicht gemeldet werden.

Nach Auswertungen von Pro Wildlife wurden von 2007 bis 2016 insgesamt 47 Tonnen Zähne und 46.195 Schnitzereien offiziell gehandelt. Fast 80 Prozent des offiziellen Handels mit unverarbeiteten Zähnen ging nach Hong Kong, 14 Prozent nach China. Die wichtigsten Ausfuhrländer sind Uganda und Tansania, seit 2013 auch Malawi. Obwohl dort nur noch etwa 3.000 Flusspferde leben, exportierte Malawi in drei Jahren mehr als 6,5 Tonnen Zähne nach China – das enspricht etwa 1.300 Flusspferden.

„Ein großer Teil des Handels mit Flusspferdzähnen findet im Verborgenen statt. Die afrikanischen Ausfuhrländer meldeten in den vergangenen zehn Jahren nur gut die Hälfte des Handels. Hong Kong und China, die verarbeitete Produkte weiterverkaufen, meldeten ihre Ausfuhren so gut wie überhaupt nicht. Dadurch werden internationale Handelskontrollen ad absurdum geführt“, so Freyer.

In Tansania sind Jagd und Handel mit Flusspferden für Schnitzereien und Jagdtrophäen legal. Uganda, neben Tansania das größte Exportland für „Rohmaterial“, hat die Jagd auf Flusspferde 1986 verboten und die Ausfuhr der Zähne 2014. Analysen von Pro Wildlife zeigen allerdings, dass das Handelsverbot nicht umgesetzt wird: 2015 und 2016 genehmigten die Regierungsbehörden die Ausfuhr von mehr als 3.000 Kilogramm nach Hong Kong. Zusätzlich werden Flusspferdzähne im großen Stil aus dem Land geschmuggelt: „2016 halfen unsere Partner*innen vom Anti-Wilderer-Team EAGLE dabei, mehr als 400 Kilogramm Hippo-Stoßzähne in Uganda zu beschlagnahmen, 2017 waren es 18 Händler mit fast 500 Kilogramm. Das ist allerdings nur die Spitze des Eisbergs. Unter den Festgenommenen war auch ein Berater des Präsidenten, dem die ugandischen Behörden regelmäßig Exportgenehmigungen ausstellen,“, betont die Pro Wildlife Sprecherin. Ofir Drori, Leiter des EAGLE-Teams in Afrika, ergänzt: „Uns fällt auf, dass die Schmuggler von Elefanten-Elfenbein zunehmend auch Flusspferdzähne verkaufen. Aufgrund ihrer geringeren Größe lassen sie sich leichter schmuggeln als Elefanten-Stoßzähne.“ Für den Handel relevant sind die großen Eckzähne, die durchschnittlich 400 Gramm wiegen. In Europa werden sie zum Beispiel für Messergriffe verwendet.

Als kontraproduktiv bewerten die Tierschützer auch eine von der tansanischen Regierung Ende Januar abgehaltene Versteigerung von fast vier Tonnen Hippo-Zähnen. Ein Teil davon stammt aus Beschlagnahmen. „Oft landet die Schmuggelware auf diese Weise genau bei den Händlern, die hinter der Wilderei der Tiere stecken“, so Freyer.

Mehr Informationen:

  • Pro Wildlife unterstützt Undercover-Teams der Organisation EAGLE in Afrika, die in neun Ländern Wilderer und Tierschmuggler überführen.

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