Neue Studie: Mehr als 100.000 Delfine werden in eskalierenden Jagden getötet

Tausende enden als Köder für schwindende Fischbestände

München, Chippenham, 6. Februar 2024 – Ein neuer Bericht von Pro Wildlife und Whale and Dolphin Conservation (WDC) enthüllt die erschreckenden Zahlen von Delfinen, die weltweit abgeschlachtet werden, was einige Populationen an den Rand des Aussterbens treibt. Dem Bericht zufolge werden derzeit jedes Jahr mehr als 100.000 Delfine (inklusive Schweinswale und Kleinwale) getötet, wobei immer mehr von ihnen zerstückelt werden, um als Köder in der kommerziellen Fischerei oder, wie im Fall des vom Aussterben bedrohten Boto (Amazonas-Flussdelfin), als „Heilmittel“ gegen COVID-19-Infektionen verwendet werden. Der gemeinsame Bericht „Small Cetaceans – Even Bigger Problems“ gibt einen globalen Überblick über die gezielte Jagd auf Delfine, Schweinswale und Kleinwale. Im Vergleich zu den Zahlen eines ersten Berichts aus dem Jahr 2018 hat sich die Situation für Delfine nochmals verschlimmert.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie

  1. Getötet, um als Fischköder zu enden

Mindestens 30 Delfinarten werden als Köder für die kommerzielle Fischerei verwendet, früher vor allem Tiere, die in Fischernetzen gefangen werden. „Doch für diese Praxis hat sich in den letzten Jahren zunehmend eine gezielte Bejagung entwickelt“, betont Nicola Hodgins, Delfinexpertin der WDC. In einigen Gebieten ist der Marktwert von Delfinen als Köder stark mit dem Wert von Haien korreliert, übersteigt ihren Wert als Nahrung, was die Delfinjagd weiter anheizt. So werden allein in Peru jährlich etwa 15.000 Delfine getötet und in Ghana fast 10.000.

Besonders besorgniserregend sind neue Daten über die Verwendung von Delfinen als Köder in Fernfischereiflotten. „Damit bekommt die Delfinjagd eine neue Dimension, wobei die Informationen aus den taiwanesischen und südkoreanischen Langstreckenflotten nur die Spitze eines riesigen Eisbergs sind“, sagt Dr. Sandra Altherr, Biologin und wissenschaftliche Leiterin bei Pro Wildlife.

  • Getötet, weil sie Fisch fressen

Fischer auf der ganzen Welt töten Delfine, um die angeblichen „Konkurrenten“ um schwindende Fischbestände zu dezimieren. Die Behauptung, Delfine seien für die Überfischung verantwortlich, weil sie zu viele Fische fressen, ist falsch. „Angesichts des überfischten Zustands der Meere befürchten wir, dass das Töten von Delfinen sogar noch zunehmen wird“, so Altherr.

  • Getötet zur „Heilung“ des Corona-Virus

Größte Sorgen bereitet die Situation der Flussdelfine, insbesondere im Amazonasgebiet: „Während der Dürre im Herbst 2023 machte der Tod von Hunderten von rosa Delfinen weltweit Schlagzeilen. Doch jedes Jahr werden Tausende dieser vom Aussterben bedrohten Tiere (lokal als Boto bekannt) unbemerkt abgeschlachtet, um als Köder für die Piratenfischerei zu dienen, und ihr Öl wird seit kurzem zur Behandlung von Corona-Infektionen verwendet“, betont die Pro Wildlife-Expertin. „Wir laufen Gefahr, den Boto in den nächsten Jahrzehnten ganz zu verlieren.“

  • Getötet an neuen Orten

Die Jagd und der Verzehr von Delfinen ist in einigen Gebieten wie Indonesien, den Philippinen und den Tristao-Inseln (Guinea) zu einer relativ neuen Praxis geworden. „Da die Fischbestände weltweit dezimiert sind und die Fischereiaktivitäten weiter zunehmen, ist zu befürchten, dass die Jagd auf Delfinen in Zukunft weiter zunehmen wird, wenn sie nicht dringend weltweit reguliert wird“, stellt Hodgins fest.

Forderungen an die Staatengemeinschaft

Die Küstenstaaten müssen ihre nationalen Rechtsvorschriften verbessern und besser durchsetzen sowie ihr Engagement bei internationalen Konventionen verstärken, wenn Delfine und Kleinwale nicht das gleiche Schicksal erleiden sollen wie Großwale, deren Bestände zusammenbrachen, bevor das Moratorium der IWC für den kommerziellen Walfang in den 1980er Jahren eine Trendwende einleitete“, sagt die WDC-Expertin. Internationale Abkommen zwischen Ländern zum Schutz und zur Erhaltung von Delfinen, wie z. B. das Übereinkommen über wandernde Arten (dessen nächste Sitzung vom 12. bis 17. Februar in Usbekistan stattfindet) und die IWC (deren wissenschaftlicher Ausschuss im April in Slowenien tagen wird), müssen dringend Maßnahmen ergreifen, um die genehmigte Jagd zu regulieren und die illegale Jagd zu beenden. Andernfalls werden in allen Weltregionen mehrere Delfin- und Kleinwalpopulationen lokal ausgelöscht.

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