München, 7. Juni 2023. Am kommenden Wochenende findet im nordrhein-westfälischen Hamm die „Terraristika“ statt, Europas größte Reptilienbörse, ein Treffpunkt für Händler*innen und Sammler*innen aus aller Welt. Verpackt in Plastikdosen wandern hier wildgefangene Echsen, junge Krokodile, tödlich giftige Schlangen, exotische Spinnen und vom Aussterben bedrohte Frösche über den Verkaufstisch. Die Folgen des florierenden Handels sind dramatisch. Die Tier- und Artenschutzorganisation Pro Wildlife fordert daher die Bundesregierung auf, den Wildtierhandel endlich umfassend zu regulieren.
Wildtierhandel bedroht Arten
Die Zahl von Wildtieren in Privathaltung nimmt in Deutschland seit einigen Jahren beständig zu. Doch anders als zum Beispiel bei Hunden oder Katzen, geht die Privathaltung von exotischen Wildtieren nicht nur mit Tierschutzproblemen einher, sondern hat auch verheerende Folgen für den Artenschutz. Denn je seltener eine Art, je stärker vom Aussterben bedroht, desto höher der Preis. So erfreuen sich seltene, neu entdeckte und national geschützte Arten auf der „Terraristika“ besonders großer Beliebtheit. Die Biologin Katharina Lameter von Pro Wildlife berichtet: „Der Fang von Wildtieren für die Heimtierhaltung in Deutschland stellt eine immense Bedrohung für immer mehr Arten da. Ganze Gebiete werden systematisch leer gesammelt, um die Nachfrage hierzulande zu befriedigen.“
Wildtiere als Wühltischware
Angeboten werden die Tiere auf Reptilienbörsen wie der „Terraristika“ verpackt in kleine Plastikboxen. Zu Tausenden sind sie auf den Tischen aneinander gereiht und stapeln sich in Styroporboxen und Stoffbeuteln darunter. „Dies bedeutete für die scheuen Wildtiere erheblichen Stress, sie versuchen verzweifelt zu entkommen oder sich zu verstecken“, erklärt Lameter. Besonders dramatisch aus ihrer Sicht: Da die Handelnden und Kundschaft aus aller Welt anreisen, sind die Tiere oft über mehrere Tage in den kleinen Boxen eingesperrt. Nicht alle überleben diese Tortur.
Giftschlange to go
Vor einigen Jahren sorgte die aufwändige Suche nach einer hochgiftigen Monokelkobra, die ein junger Mann kurz zuvor in Hamm erworben hatte, bundesweit für Schlagzeilen. Mittlerweile hat Nordrhein-Westfalen ein Gifttiergesetz, das die Haltung von hochgiftigen Tieren grundsätzlich verbietet, doch zu kaufen gibt es sie auf der „Terraristika“ noch immer. Und nicht nur dort – in einschlägigen Internetforen verabreden sich Händler*innen und ihre Kundschaft zur Übergabe von Kobras und Klapperschlangen in Hamm, abseits des offiziellen Börsengeschehens auf einem Parkplatz oder einem anderen öffentlichen Ort. „Diese Transaktionen entziehen sich jeglicher Kontrolle“, berichtet die Pro Wildlife Sprecherin.
Umfassende Regelungen gefordert
Angesichts der zahlreichen Probleme, die mit dem Handel von Wildtieren verbunden sind, fordert Pro Wildlife von der Bundesregierung im Rahmen der Novellierung des Tierschutzgesetzes endlich weitgehende und rechtsverbindliche Maßnahmen zu ergreifen. „Wildtiere sind keine Flohmarktware, der Verkauf auf Börsen muss endlich im Sinne des Tier- und Artenschutzes beschränkt werden“, fordert Lameter. Zudem sieht der Verein die Einführung einer Positivliste, die regelt, welche Tiere von Privatpersonen gehalten werden können, als unumgänglich an. In anderen europäischen Ländern sind solche Listen bereits beschlossen worden.
Hintergrundinfos:
- Tierbörsen: Flohmärkte für Wildtiere
- Wildtiere als Haustiere