Ernten statt Wildern: Futteranbau für das Affenwaisenhaus
Überblick
Seit dem Jahr 2000 unterstützt Pro Wildlife das Limbe Wildlife Centre (LWC) im Südwesten Kameruns. Ausschlaggebend für die Auswahl dieses Projekts war für uns die ideale Kombination aus der Rettung von Wildtieren in Not, intensiver Aufklärungsarbeit – und dem Einbeziehen der lokalen Bevölkerung. Mehr als 30 Einheimische haben im Affenwaisenhaus selbst einen Arbeitsplatz gefunden – zum Beispiel als Tierarzt, Tierpfleger*in, Handwerker oder Lehrer*in. Das bedeutet ein sicheres Einkommen für mehr als 30 Familien und trägt maßgeblich dazu bei, die anfängliche Skepsis der örtlichen Bevölkerung gegen die Affenstation abzubauen. Seit 2012 unterstützt Pro Wildlife zudem das Gemeindeprojekt „Green Project“ des LWCs, das alternative Einkommen schafft und gleichzeitig die Versorgung der Affen in der Auffangstation optimiert.
Alternative Einnahmequelle
Batoke ist eine kleine Gemeinde südlich des Mount-Cameroon-Nationalparks. Traditionell gibt es hier viele Jäger, die auch im nahen Schutzgebiet auf Affenjagd gehen. Das Limbe Wildlife Centre suchte deshalb systematisch nach Alternativen, mit denen die Einwohner*innen von Batoke Geld verdienen können, ohne bedrohte Arten zu töten. Aus der Frage, wie Artenschutz mit der lokalen Bevölkerung funktionierten kann, entstand das „Grüne Projekt“.
Herausforderungen bei der Gemeindearbeit
Artenschutzmaßnahmen vor Ort sind oft ein sensibles Unterfangen, bei dem einige Fragen zu klären sind:
- Geht der Schutz einer vom Aussterben bedrohten Art über die Interessen der lokalen Bevölkerung?
- Inwieweit lässt sich beides unter einen Hut bringen?
- Wie kann man Wilderer zu Wildschützern „umpolen“?
Affen füttern statt jagen
Gorillas und Schimpansen ernähren sich größtenteils von Pflanzen. Dazu gehören Nüsse und Früchte, aber vor allem riesige Mengen an Blättern und Stauden. Musste früher das Team der Affenstation die Pflanzen entweder auf dem Markt kaufen oder selbst im Wald sammeln, erntet nun die Gemeinde von Batoke Wild-Ingwer (Aframomum). Mit der Zeit kamen weitere Pflanzen hinzu, darunter eine invasive Art, so dass deren Ernte dabei hilft, die heimische Pflanzenwelt zu retten.
Auch die Frauen des Dorfes, die die Feldarbeit verrichten, verdienen ein Zubrot: Sie können nun das bisher für sie bei der Ernte wertlose Grün von Kartoffeln, Maniok und Papaya an die Affenstation verkaufen. Das bedeutet Abwechslung im Speiseplan der Affen und ein Einkommen für die lokale Bevölkerung – eine Win-Win-Situation.
Das Gemeindeprojekt entwickelt sich prächtig und beide Seiten profitieren. Allein zwischen 2015 und 2022 wurden über 80 Millionen XAF (146.000 USD) in die Gemeinde von Batoke im Austausch für 746.366 kg frisches und nahrhaftes Blattfutter für Affen in der Auffangstation investiert.
Welche Pflanzen werden geerntet?
Die Pflanzen für das Projekt wurden nach drei Kriterien ausgewählt, um den maximalen Nutzen für die Gemeinde und die Affen zu erreichen:
- Wildpflanzen: Aframomum („Wild-Ingwer“) und Costus, auch „Affen-Zuckerrohr“ genannt, kommen natürlich in den Wäldern und Bergregionen von Kamerun vor. Wild-Ingwer ist sehr beliebt bei Affen und wirkt antibakteriell, zudem gegen Pilz- und sogar Viruserkrankungen.
- Invasive Arten: Seit 2017 wurde auch der Trompetenbaum in das Programm aufgenommen, da die schnell wachsende aus Südamerika stammende Pflanze die heimischen Arten verdrängt. Das Projekt trägt so dazu bei, diese invasive Art unter Kontrolle zu halten.
- Ernte-Nebenprodukte: Maniok-, Papaya- und Kartoffelblätter werden auf bestehenden Feldern geerntet. Da die Blätter Nebenprodukte sind, die keinen wirtschaftlichen Wert für den menschlichen Verzehr haben, bringt der Verkauf den Dorfgemeinde ein zusätzliches Einkommen, ohne die Arbeitsbelastung zu erhöhen.
Ziele
- Versorgung des Affenwaisenhauses mit gesunder Pflanzenkost
- Lieferung von natürlichem Nestbau- und Spielmaterial für die Affen
- Schaffung alternativer Einkommen für Jäger
- Förderung der Gleichstellung von Farmer-Frauen
- Sensibilisierung der Gemeinde für den Artenschutz
- Das Projekt beschäftigt aktuell rund 100 Gemeindemitglieder
- In fünf Jahren konnte das Einkommen aus dem Grünen Projekt um 66% gesteigert werden
- 190 Primaten erhalten täglich frisches Grünzeug – darunter Gorillas, Schimpansen und hochbedrohte Drills
- Die Gemeinschaft zeigt großes Engagement, im Rahmen von Workshops noch mehr über Naturschutz und nachhaltige Anbaumethoden zu lernen!
2023
Im Jahr 2023 verkaufen 75 Frauen pflanzliche Produkte (ca. 13 t Maniok-, 50 t Papaya- & 30 t Kartoffelblätter) an das LWC und steigerten so ihren Landwert. Außerdem ernteten 15 ehemalige Jäger nachhaltig Wildpflanzen wie Aframomum & invasives Trompetenholz.
2022
Trotz der Pandemie und den bewaffneten Konflikten in der Region wurden 115 Tonnen Wildpflanzen und Blattgrün für die Affenwaisen im Limbe Wildlife Centre geerntet. Die Gemeindemitglieder betreiben deutlich weniger Brandrodung und Jagd und können sich dank des zusätzlichen Einkommens eine bessere medizinische Versorgung für ihre Familien leisten.
2021
Die vielen positiven Facetten des Projektes haben 24-Gute-Taten überzeugt, die es 2021 für ihren Adventskalender ausgesucht haben – und damit über die nächsten Jahre einen weiteren Ausbau des Projektes finanziell sicherstellen.
2020
Dreimal pro Woche liefern die Teilnehmer frische Pflanzen in die Affenstation – 2019 waren das mehr als 117 Tonnen insgesamt (17 t Wildingwer, 94,4 t Grünzeug von Plantagen und 5,7 t Trompetenbaum)
2019
Das Grüne Projekt hat bereits über 100 feste Mitglieder (viele von ihnen Ex-Jäger)

Verwertung von Ernte-Nebenprodukten
In den vergangenen Jahren kam die Zweitverwertung aus Ernten von Pfeilwurz- und Maulbeergewächse, Maniok, Papaya und Kartoffeln hinzu. Das zuvor ungenutzte Grünzeug der angebauten Kulturpflanzen ist im Affenwaisenhaus sehr begehrt und bringt den Farmern ein willkommenes Zubrot.

Schimpansen genießen ihre Mahlzeit
Das zuvor ungenutzte Grünzeug der angebauten Kulturpflanzen ist im Affenwaisenhaus sehr begehrt. Unter den Wildpflanzen, die für das Affenwaisenhaus geerntet werden, ist auch der sog. Spiralingwer oder „Affenzuckerrohr“ genannt – der Name lässt bereits ahnen, dass die ebenfalls gesunde Pflanze als Naschwerk bei den Primaten sehr geschätzt wird.

Zusätzliches Einkommen schaffen
Das Projekt setzt sich auch für die Gleichstellung der Geschlechter ein. In Kamerun wird die meiste alltägliche Arbeit von Frauen geleistet. Die 83 Frauen sind in einer Gruppe von Bäuerinnen organisiert, die dreimal wöchentlich ihre Nebenprodukte an das Limbe Wildlife Centre verkaufen. So erzielen sie mehr Einkommen für ihren Haushalt, ohne zusätzlich zu arbeiten.

Benito liebt seinen Wild-Ingwer
Gorilla Benito im Limbe Wildlife Centre genießt das Aframomum nicht nur als sehr gesunde Futterpflanze. Es ist außerdem eine wunderbare Abwechslung zum Spielen und den Nestbau. Seit 2017 wurde das Projekt um die hochinvasiven Trompetenbäume (Cecropia peltata) erweitert – der Nährwert ist zwar geringer, sie bieten jedoch jede Menge Beschäftigung für die Menschenaffen.
- Versorgung der Affen im Limbe Wildlife Centre mit gesundem Grünfutter
- Schaffung alternativer Einkommen für Jäger
- Sensibilisierung der Gemeinden für den Affenschutz
- Förderung der Gleichberechtigung in der Gemeinde
„The LWC has been incredibly fortunate to have Pro Wildlife’s support as one of our key partners for 20+ years, enabling us to rescue victims of the illegal bushmeat or pet trades. When possible many of these individuals have been released back to the wild or given a second chance at life under the expert care of our staff at LWC. Pro Wildlife has been our constant ally on this mission as we attempt to protect the future of the species of Southwest Cameroon.“
Jerry Aylmer, Manager des LWC (2023)
