Artenschutz hat viele Gesichter
Wir retten Opfer von Wilderei und Wildtierhandel, schützen die Lebensräume von Wildtieren und setzen uns für eine friedliche Koexistenz von Menschen und Wildtieren ein. Um nachhaltig Wildtiere und ihre Lebensräume zu schützen, bekämpfen wir die Ursachen der Bedrohung und helfen, die Schäden für Tier und Natur zu mildern.
Eine wichtige Voraussetzung für die Rettung bedrohter Wildtiere ist ein hoher Schutzstatus – sei es national oder international (v.a. durch das weltweite Artenschutzabkommen CITES). Nur dann gibt es eine rechtliche Handhabe gegen Wildtierhandel und Lebensraumzerstörung.
CITES: Was ist das?
„CITES“ leitet sich aus dem Englischen “Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora” ab und wird im Deutschen auch als Washingtoner Artenschutzübereinkommen bezeichnet. Es wurde 1973 angesichts des dramatischen Rückgangs vieler Arten durch Wilderei und Handel geschlossen. Es ist das einzige internationale Übereinkommen zum Schutz von Tieren und Pflanzen, das den internationalen Handel mit bedrohten Arten verbindlich regelt. Pro Wildlife nimmt seit 1999 an den entscheidenden Konferenzen teil.
Doch die besten Schutzgesetze helfen nicht, wenn sie nicht umgesetzt werden. Daher braucht es Mitstreitende vor Ort, die Wilderei und Schmuggel der Polizei melden, aber auch Auffangstationen, in denen beschlagnahmte und verletzte Tiere aufgenommen und artgerecht versorgt werden können. Seit seiner Gründung unterstützt Pro Wildlife daher finanziell Projekte in verschiedenen Ländern, die wir nach festgelegten Kriterien auswählen.
Was muss ein Projekt vor Ort leisten?
Wie wir vor Ort helfen:
- Rettung, Aufnahme, Pflege und, sofern möglich, Auswilderung von Wildtieren
- Schutz bzw. Wiederherstellung von Lebensräumen
- Forschung und Studien, mit dem Ziel Wildtiere oder ihren Lebensraum zu erhalten
- Bildungs- und Aufklärungsarbeit, z.B. um Wildtierhandel und Wilderei einzudämmen
- Maßnahmen zur Verringerung von Mensch-Tier-Konflikten
- Ermittlungen und Maßnahmen z.B. gegen illegalen Tierhandel bzw. Unterstützung von Vollzugsbehörden im Artenschutzbereich
Wilderei und Wildtierhandel, aber auch Konflikte mit Menschen führen dazu, dass viele Wildtiere eingefangen, getötet oder aus ihrem natürlichen Lebensraum vertrieben werden. Wir unterstützen Auffangstationen, in denen Tierärzt*innen und Pfleger*innen beschlagnahmte, verletzte und kranke Tiere versorgen – immer mit dem Ziel, sie eines Tages wieder gesund in die Freiheit zu entlassen. Oft ist es ein langer Weg, bis die Tiere wieder in der Lage sind, eigenständig in der Wildnis zurechtzukommen. Gerade bei Schimpansen und Gorillas ist eine Auswilderung in sichere Gebiete oft nicht möglich. Umso wichtiger ist es, dass die Hilfe in den Rettungsstationen langfristig gesichert ist und den Tieren ein artgerechtes, würdiges Leben in Sicherheit geboten werden kann.
Auswilderung: Chancen und Grenzen
Die Auffangstationen sind eigentlich als zwischenzeitliche Unterbringung gedacht, bis die oft verletzten oder traumatisierten Tiere geheilt und für eine Auswilderung optimal vorbereitet sind. Es klingt so einfach, doch in der Praxis stellen Wiederauswilderungen die Stationen vor immense Aufgaben.
Man kann Wildtiere nicht einfach im nächsten Wald aussetzen – zunächst müssen sie trotz ihrer schlimmen Vorgeschichte überhaupt soweit wieder fit sein, dass sie ohne menschliche Hilfe in der Wildnis überlebensfähig sind. Eine Auswilderung muss deshalb über viele Wochen oder Monate vorbereitet werden – bei Menschenaffen und Elefanten kann dies sogar Jahre dauern. Bei Graupapageien, die mit Leimruten illegal eingefangen wurden, müssen die meist stark zerstörten Flugfedern vorsichtig entfernt werden und erst nachwachsen, bis die Tiere überhaupt wieder fliegen können. Doch dann ist ihre Prognose für die Freiheit gut.
Affenkinder haben häufig Schussverletzungen, Brüche oder Fleischwunden, die den brutalen Fang der Tiere bezeugen. Kleinere Affenarten können nach Heilung dieser Verletzungen meist wieder ausgewildert werden. Junge Menschenaffen hingegen, die bereits als Baby ihrer Familien beraubt wurden, hatten nicht die Chance, über viele Jahre von Mutter und dem Familienclan all das zu lernen, was sie für ein Leben in der Natur brauchen: Was ist essbar, was nicht? Wie baue ich ein Schlafnest? Wie bringe ich mich in Sicherheit? Das Sumatra Orang-Utan Conservation Project in Indonesien hat deshalb eigens eine Baumschule, wo die Kleinen Schritt für Schritt auf ihr Leben in der Wildnis vorbereitet werden.
Mindestens ebenso wichtig für den Erfolg einer Auswilderung ist die Auswahl des idealen Gebietes. Die Weltnaturschutzunion IUCN hat strenge Regeln erstellt, damit Auswilderungen nicht mehr Schaden anrichten als Nutzen. Dabei sind viele Fragen zu klären, wie beispielsweise:
- Ist das Waldstück sicher vor Wilderei – und trotzdem nahe genug zum Projekt, damit regelmäßige Kontrollbesuche möglich sind?
- Ist es weit genug weg von menschlichen Siedlungen, um keine Mensch-Tier-Konflikte zu provozieren? Schließlich haben die Affen oder Elefanten, die Monate oder Jahre in der Auffangstation verbrachten, die Scheu vor dem Menschen verloren. Nicht immer ist es möglich, diese Scheu wieder anzutrainieren.
- Leben im ausgesuchten Waldgebiet bereits wilde Populationen der Art, die ausgewildert werden soll? Falls ja, wären die ausgewilderten Artgenossen eine Konkurrenz um Futter und Lebensraum? Oder wäre eine Aufstockung der Population sogar von Vorteil?
Bei so vielen Rahmenbedingungen, die erfüllt sein müssen, ist es nicht verwunderlich, dass unsere Projekte unterschiedlich gute Auswilderungsquoten haben:
- Elefantenkinder brauchen eine stabile Gruppe, in der sie ausgewildert werden – sie bietet Schutz, Orientierung und Geborgenheit. Deshalb halten die Elefantenwaisenhäuser ihre Schützlinge in Gruppen, in denen sie im Alter von sechs bis sieben Jahren wieder ausgewildert werden. Dies bietet ihnen den bestmöglichen Start – und immer wieder schließen sich ehemalige Schützlinge wilden Elefantenherden an.
- Das Limbe Wildlife Centre, Kamerun, entließ bislang mehr als 3.000 Graupapageien sowie mehrere Drills und Mangaben wieder in die Natur. Die Auswilderung von Schimpansen und Gorillas hingegen scheiterte bislang daran, dass in Kamerun ein sicheres Waldgebiet fehlt. Die ausufernden Plantagen, Abholzung und Straßenbau selbst in abgelegene Gebiete machen die Prognose nicht gerade günstiger.
- In der Plumplori-Station auf Java, Indonesien, können die meisten beschlagnahmten Äffchen nach einer Heilungsperiode von einigen Wochen oder Monaten wieder in Waldschutzgebiete entlassen werden. Ausnahmen sind vor allem solche Tiere, denen die Tierhändler die Eckzähne abgekniffen oder herausgerissen haben, um sie besser als „Haustier“ verkaufen zu können. Sie wären in der Wildnis wehrlos gegen Fressfeinde, deshalb bleiben die meisten von ihnen in der Station.
Erst wenn Fang und Handel für eine Tierart verboten werden, können die Vollzugsbehörden Tiere beschlagnahmen und die Händler verhaften. Dank der tatkräftigen Unterstützung von Tierschützern vor Ort werden immer mehr Wilderer und Schmuggler aufgespürt, um sie dann erfolgreich dingfest machen zu können. Seit 2006 unterstützt Pro Wildlife das EAGLE-Netzwerk, das in acht afrikanischen Ländern Korruption bekämpft sowie Razzien und Verhaftungen durch die Behörden veranlasst. Aber auch die von uns unterstützten Auffangstationen selbst arbeiten eng mit Vollzugsbeamten und Ministerien zusammen und helfen, den illegalen Handel in ihrer Region einzudämmen.
Ein besonders wichtiger Ansatz in allen von uns ausgewählten Vor-Ort-Projekten ist die Bildungs- und Aufklärungsart. Vielen Menschen ist nicht oder nur unzureichend bewusst, dass viele Wildtiere in ihrer direkten Umgebung vorm Aussterben bedroht oder stark gefährdet sind. Wälder werden noch immer wie selbstverständlich gerodet und niedergebrannt. Was das für das Ökosystem bedeutet und warum die Natur samt Wildtieren geschützt werden muss, ist auch der Bevölkerung vor Ort oft nicht klar. Umweltbildung für Kleinkinder, Schüler und Studenten soll die neue Generation für einen respektvollen Umgang mit Wildtieren gewinnen. Aber auch mit Gemeindeveranstaltungen sprechen wir die Bevölkerung vor Ort an.
Zu diesen wichtigen Projekten gehören auch Forschungsarbeiten und Studien, um die Auswirkungen von Jagd und Handel für Tierarten zu dokumentieren – Grundlage für bessere Schutzgesetze. Ebenso wie Untersuchungen, ob bestimmte Schutzmaßnahmen wirksam sind, um das Überleben der Wildtiere in ihrem Lebensraum zu erhalten.
Je weiter die Menschen in die natürlichen Lebensräume von Wildtieren eindringen, desto häufiger kommt es zu Konflikten. Gerade von Raubtieren wie Löwen sowie sehr großen Tieren wie Elefanten oder Orang-Utans fühlen sich die Menschen, die mit Wildtieren leben, in ihrer Existenz bedroht. Häufig bezahlen die Tiere solche Konflikte mit dem Leben. Daher engagieren wir uns in Projekten, die neue Konzepte für ein friedliches Zusammenleben ermöglichen und gleichzeitig den Bewohnern neue Perspektiven für ihren Lebensunterhalt bieten. Von nachhaltigem Wildbienen-Imkern in Kamerun über geruchsintensive Schutzzäune zur Abschreckung von Elefanten in Tansania bis hin zum Löwenprojekt SAVE Lions in Botswana verfolgen wir die unterschiedlichsten Ansätze für die friedliche Koexistenz mit Wildtieren. >> Schutzprojekte